17.04.14

Als 'Coach' nicht nur duschen, sondern sich nass machen. Vielleicht meine Ostergeschichte.

In den letzten 10 Jahren erlebte ich, dass genau jene Zeiten, Monate und Phasen, wo ich über das Coaching hinaus eine zielkonotierte Aufgabe annahm, also - witzigerweise sogenannte - 'Arbeit', dass diese Erfahrung(en) immer wieder vom Besten fürs Coachen waren.

Im ersten Moment nannte ich es vielleicht 'Brot-Jobs', Einkommen, um die Einkünfte aus den Coachings zu unterstützen. Doch in der jeweiligen Tätigkeit selbst erlebte ich die unterschiedlichen Aufgaben als wahre Herausforderungen, Verpflichtungen, die mich von der Meta-Ebene, der fachlichen Coach-Distanz, dem Nicht-Direktiven, entzogen und mich mit dem Realen, dem Ernsten, mit Konsequenzen meines Handelns konfrontierten. Diesmal zählte nicht nur duschen, diesmal wurde ich selber nass.

Ich bin wieder in einer solchen Aufgabe. Ein feiner, wohlpositionierter Auftrag, den ich mir sozusagen "selber" definieren konnte. Ich bin derzeit teilzeitlich angestellt und ohne meinen Job oder Funktion benennen zu können noch zu wollen, steht auf der Visitenkarte 'Projekte'. Mit etwas ideeler Verklärung verstehe ich mich als sowas, wie es die Amis 'Fixer' nennen, als einen, der die Sache diskret klar macht. Und die Lage ist ernst. 



Wenn "so" beauftragt, mag es sein, dass Menschen mir diesen Auftrag erteilt und mir damit verbunden einen Vertrag gaben. Doch mein wirklicher 'Kunde und gleichzeitig Chef', das ist das Unternehmen mit seinem Jobmodell und last but not least mit seiner Rendite bzw. wirtschaftlichem Erfolgsbestand. Für andere Menschen braucht man mich nicht. Wofür ich da bin, ist das System, den Rundlauf und für Knete. Und das möglichst elegant, konkret, belegbar und schnell. Ok?

Das Unternehmen hat 10 Leute und verrechnet seine Stunden auf Baustellen, die aus Versicherungsschutz genehmigt sind. Ich bin Koch.

Mit dieser hehren Zielsetzung und Aufgabe bin ich nicht in meiner geschützten Praxis und nicht im geschonten Setting auf Distanz. Ich kann nicht in Theorien und Methoden fliehen und ich habe sozusagen keinen Klienten, den ich in seiner Reflexion und Verantwortung sich entwickeln lassen kann. Nein, diesmal und in dieser fürmal umgekehrten Rolle bin ich DIREKTIV und in meiner Wirksamkeit gefordert und die Verantwortung liegt bei mir. Bieg es hin. Mach. Werde konkret. Regle es. Mach keine Fehler. Du hast keine Zeit.

Viele notwendige Tätigkeiten sind verschleppt, unerledigt, rückständig und von negativer Wirkung. Auf allen Stufen der Organisation hat sich, kurz zusammengefasst, das Wegschauen eingeschlichen. Mehr will ich hier nicht offenlegen - aber unsere kleine 'Costa Concordia' ist vielleicht nicht so arg aufgeschlitzt und sinkt, aber sie liegt mit einer Seite aufm Fels, muss von dort fortkommen und dann, wenn wieder freigelegt, Fahrt aufnehmen.

Ich bin mit folgendem konfrontiert, Beispiele auf allen Stufen:

  • Erschöpfung
  • Wegschauen (Kopf in den Sand stecken)
  • Redundanz und emotionstriefendes Geschwätz ohne ZumPunktKommen
  • verschissene Kloschüssel
  • Abfälle
  • geklautes Betriebseigentum
  • privates Tanken mit der Betriebstankkarte
  • falsche Arztzeugnisse
  • Kundenreklamationen
  • Liquidität
  • Projektmanagement (Baustellen), das ich "so" nicht bezeichnen mag
  • Lamento und Jammerei, inkl. Beklagerei der Umstände oder von Personen
  • Angeblich: "Es geht nicht / jetzt nicht / so nicht / ich nicht / die nicht..."
  • Tränen / Davonlaufen / Flucht / Vertragsbrüche
  • Panik / Kopfkarussell / Verleumdungen / Gerüchteküche / Lügerei
  • Schussligkeit / Vergesslichkeit / Schäden anrichten / Ungepflegtheit / Dreck
  • (die Liste könnte ich noch eine Weile fortsetzen, da menschlich und nicht unbekannt)

Egal. Ich bin einen Monat in meiner Aufgabe und gerade eben dürfte ich Ihnen das Unternehmen vorstellen, sie dürften uns besuchen kommen und es sähe schon mal ganz anders aus. Kaffee gäbe es und saubere Toiletten. Auch reden wir wieder miteinander und Pläne sind erstellt. Und die Brandstellen sind in angesprochene Vereinbarungen geführt, so dass wir atmen können. 'Fixing' eben. *Wir machen's einfach!" (Quelle: Ergo-Versicherung).

Doch ob einer seine Arbeit nun wieder tut, ob sich jemand mental beruhigt, ob jemand anderes wieder eine Perspektive kriegt und Kunden Aufträge starten, ob wir mit allen Partnern und Pflichtstellen im Fluss sind oder in den Projekten von der Person (Projektleiterin) abgesehen und wieder die Wirtschaftlichkeit in den Projekten die Zielerreichung steuert, das sind alles ganz konkrete Dinge, Hürden, Probleme und Aufgaben, die man dann als 'Coach' nicht nur schön herreden oder in Trainings schulen kann, nein, in dieser Rolle muss ich können und schaffen, wozu ich sonst meine Klientel einzig hin begleite - eben ohne wirklich davon nass zu werden. Diesmal aber muss ich hingelangen, zu Dingen in trockenen Tüchern.

Und ich finde, ein guter Coach, also einer, der in seinem Coaching-Fachgebiet kompetent ist, ob im Management, in der Psychologie, im Sport oder Geld, die oder der sollte immer wieder mit jener Arbeit, Zielen und Menschen konfrontiert sein, von wo er oder sie sonst seine Klientel hat. Er oder sie müsste zeigen und beweisen, ob man es selber drauf hat, wovon man begleitet bis hin zum beratschlagen oder Angebote machen.

Ich bin also als Jogi Löw oder Pep Guardiola gefordert, selber den einen oder anderen Match zu spielen - und nicht "nur" den Trainer zu geben.

Ich erlebe das im Moment mit vielen Gefühlen. Freitags und vor den Feiertagen rufen die Gläubiger an. Bis ich nach 20:00 Uhr zuhause bin, muss ich das Bauchweh aus mir draussen haben. Bis ich um 05:30 Uhr aufstehe, muss ich, egal was ich nachts noch tue, frisch, stabil, überzeugend und motivierend präsent sein, geduscht, rasiert und gut aussehend inklusive. Dann geht es weiter.

Gestern rief einer an, er wolle mit uns arbeiten. Er habe 25'000 Wohneinheiten im Petto. Und gestern rief die eine Institution an, weil Notfall und wir müssten kommen, sofort! Fühlt sich gut an, so aufgräumt, die Mannschaft an Bord, startklar auch für solche Anforderungen.

Gleich geht es los. Und klar, schmeichelnde wie verwöhnende Coachingaufträge sind dennoch beauftragt, vereinbart und terminlich gesetzt. Was denkt ihr auch ;-)) ...

Und so spekuliert das innere Kind mit dem Wagen und den gestärkten Hemden, die Ray Donovan verkörpern. Es sind Disco-Kompetenzen und Cliquen-Erfahrungen, die Gefixtes entstehen lassen, Handschläge und schweigende Blicke. Verbindlichkeit und innere Konsistenz.

Kyrie eleison


Jona Jakob - ich wünsche Ihnen frohe und erholsame wie stärkende Osterfeiertage.

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