02.08.15

Wenn der Begriff 'Wertschätzung' zu Falschgeld wird ...

Ausgangslage: 

In einem Internetforum fragt sich jemand, ob es möglich sei, dass es Mitarbeiter gäbe, die weniger Wertschätzung brauchen und die mit einem einfachen "das ist OK so" bedient wären. Und noch: es bräuchten doch alle Menschen Wertschätzung. Das hat mich veranlasst, das Folgende zu schreiben:

Eingefügt: 


So wie ich das lese, wird im Eröffnungsposting 'Wertschätzung' als Handlung (optionale Massnahme, z.B. für MA-Führung) pragmatisch missbraucht, 'Mehrleistung (Motivation)' zu erzeugen.

Da kommt selbst bei mir als erste Reaktion der Gedanke vom 'kick ass'.

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Deutlicher und aufrechter wäre mir da der Gedanke, eher transparent dabei zu bleiben, dass wir im Kontext der Arbeit ein Verhältnis haben, jenes nämlich: Arbeit gegen Geld. Sozusagen der Kleine Geldkreislauf der Volkswirtschaft. Menschen dann zum Zweck des Unternehmens hin zu motivieren, ist mE ok und legitim - aber nicht über Wertschätzung.

Wertschätzung darf nicht per se in eine Kausalität verknüpft werden, in dem schimären Glauben, der andere würde irgendwas MEHR, wenn man bloss eben wertschätzender wäre. Bullshit.

Viel Wertschätzung betreibt man in einem ersten Schritt, über das eigentliche Verhalten von Wertschätzung nachzudenken, also zu reflektieren. So ganz nur bei sich und mit sich.

Zweitens ist dann zu erkennen / zu verstehen / zu begreifen, dass Wertschätzung, wenn wahrlich verstanden, verinnerlicht und vor- bzw. mitgelebt, eben dann nicht weiter wertet (also nicht schaut, ob da einer zu motivieren wäre und wenn nicht, die Abwertung: Was ist denn mit dem falsch?) Wertschätzung ist dann, wenn das jemand auch mal nicht so sehr möchte und DIESER MENSCH IN MIR OHNE BEDENKEN / ZWEIFEL / KOMISCHSEIN / ABWERTUNG in mir OK bleibt. - Alles andere ist Pragmatismus und damit entlarvt.

Und sollten Sie drittens eigene Zweifel eingestehen müsssen, verunsichert bis hin zu es-nicht-wirklich-aushalten-können, dass wer auf Wertschätzung eher distanziert reagiert, beweist das nur, dass SIE es nicht draufhaben.  Und solches unreflektiertes Gewackel einer Führungsperson spüren Distanzierte noch viel mehr als Lüge und Scheinheiligkeit, als jeder offensichtlich missbräuchliche Ansatz eines Leistungsfordernden.

Wertschätzung hat mit der eigenen Fähigkeit von Annahme zu tun,
also jemanden so nehmen können, wie sie oder er ist,
als mit "Geben", um etwas netter zu erreichen. 


Ich mag also nicht, was oben geschrieben verklärt wird - aber es ist ok, verklärt zu interpretieren.

Auf einer Webseite von mir steht: 


Mein Leben hat aus mir einen profilierten Menschen gemacht. Ich bin brauchbar und unbrauchbar. Man kann mich mögen oder nicht. Ich bin nicht immer nett oder angenehm. Ich bin lieber herausfordernd und ringend darum, wer man als Mensch sein könnte. Ich mag den Kakao nicht  schlürfen, durch den man mich bisweilen ziehen möchte. 'Wie?' ist mir wichtiger, als 'Was?' - und 'Wofür?' ist mir wichtiger, als 'Warum?'.

Was für mich immer gilt: Sie sind ok. Und ich bin es auch. Ob wir uns dann mögen oder nicht, spielt keine Rolle. Dass Sie Sie bleiben dürfen, ist mein Verständnis im Miteinander, ob es mir passt oder nicht.

Lassen Sie uns versuchen, was wir vermögen. Gerne.

Herzlich

Jona Jakob

consensus-coaching.com
Zürich Bern Frankfurt


Nachtrag:


Wertschätzung hat mit Lob oder Nichtloben absolut nichts zu tun. Behalten Sie das
a) getrennt und
b) auf zwei Ebenen.

Obere Ebene, also 'darüber stehend': 


Ich trage in mir Wertschätzung für andere (ist diese unantastbare Würde des Menschen ((Verfassung)) Gedanke. Wertschätzung ist ein Ding, mit welchem man fast ausschliesslich mit sich selber ins Gericht gehen muss, z.B. per Meditation, Achtsamkeitsübungen, Selbstreflexion, auch durch Ausweitung der Selbstkompetenz, um zu wissen/spüren, wann man selber aus dem Gleichgewicht oder an eigenste Limiten gerät (dünne Haut) und einem dann das Vermögen an Wertschätzung, Präsenz, Liebe und Kommunikationsfähigkeit entweicht / einbricht. Sagen können: Ich kann heute nicht. All das ist Wertschätzung. Wenn wir uns nicht ganz so anstellen würden - und wenn wir vorallem den pragmatischen Missbrauch nicht noch vorantreiben würden - wäre Wertschätzung und Annahme nichts weniger, als was der 2000 Jährige Gedanke des Christlichen in sich trägt, ganz ohne Kirche und Konfession. Aber lieber Verleugnen wir uns für etwas Motivation und Mehrleistung. Werden Sie wach ... sonst wird es nix.

Darunter: 


Lob, Nicht-Lob, Feedback, Kritik, Anfeuern, Mehrentlöhnen, Boni, Jahresgespräche, Ziele, Abmahnung, selbst Entlassung ...


Leserbrief von Frau Dr. Maren Kaiser - Berlin: 




Mein herzlicher Dank für den Kommentar der Bloggerin Dr. Maren Kaiser 
- ihr Blog: zeitmanagement-berlin.com http://zeitmanagement-berlin.com/