01.10.16

Die Zusammenhänge der Abgrenzung von Coaching

Einleitend ist Coaching erkenntnis- und zielorientierte Hilfe zur Selbsthilfe. Mit diesem Blogbeitrag möchte ich veranschaulichen, wie komplex sich diese Definition im Feld der Coachinganfragen durch potentielle Klientinnen und Klienten darstellt:

Ich unterscheide Business und Personal Coaching

  • Business Coaching:
    Hier sind die Gründe, bzw. ist die Berechtigung für ein Coaching relativ gegeben. Es gibt meist den hohen Stellen'Wert der Anstellung an sich. Es gibt Ziele des Coachees zur Optimierung. Allenfalls gibt es versteckte Intentionen des Auftraggebers. Aber last but not least geht es beim Coachee um seine Anstellung, Position, Optimierung und nicht zuletzt um 1-2 Jahreseinkommen (Coachingvalue Jahreseinkommen = Annahme 60'000.-- plus pro Jahr).
  • Personal Coaching:
    Hier sind die Gründe, warum jemand aus eigenem Entscheid die Idee von einem Coching aufgreift wesentlich komplexer, dreidimensional und möglicherweise versteckter. Die Not oder Problemstellung kann von der anfragenden Person perspektivisch verzerrt werden und ein Coaching müsste abgelehnt werden. Dennoch werden - wenn nicht distanziert nüchtern - Coach und Coachee gerne verleitet und verführt, ein Coaching zu vereinbaren und dieses wird in der Folge meist ohne grossen Erfolg in einer Art Sackgasse verenden, da unbefriedigend.
    Bei Personal Coaching ist damit zu rechnen, dass Anfragen aus .. oder umgekehrt, hin zur psychisch-therapeutischen Betroffenheit neigen. Es ist dann besonders Achtung zu schenken, ob es sich beim Kundenanliegen um ein Coachingthema handelt, wenn von Krankheiten, Handycaps, Betroffenheiten und Eigenarten die Rede ist. Ebenso wenn frühere Medikamente oder Therapien ausgesprochen werden. Ganz besonders auch, wenn eine ganze Leidensgeschichte präsentiert wird. 
Wichtiger Hinweis für auftragerteilende Unternehmensverantwortliche und auch Coaches:
Mir ist leider noch selten wo deutlich hervorgehoben worden, dass jeder Mensch, der bei der Arbeit ein Coaching angeboten bekommt, nicht einfach unter 'Business Coachee' zu laufen hat. Jede und Jeder, bis hin zum Vorstand, kann - auch im Kontext der Arbeit und seiner Position - tiefgründig und seelisch von Dingen betroffen und dadurch verknotet bzw. blockiert oder beeinflusst sein, die allein mit 'Werten' und dem verbreiteten Verständnis von 'Business Coaching' nicht genügend umfassend abzufangen sind. Kurz: Jedes vermeintliche Business Coaching kann vielmehr ein Personal Coaching sein ... und einen Coach verlangen, der a) den Umfang des Auftrages (qualitativ bzw. kompetenz- oder psycheorientiert) zu prüfen hat und b) der im Fall einer qualitativen Psycheorientierung selber die notwendig profunde Bildung für den Seelenanteil auszuweisen hat. Es kann also mehr als sehr wohl sein, dass ein 'Personal Coach' gefragt ist, der psychologische Ausbildungsanteile und Erfahrung im Umgang mit solcher Klientel bzw. mit solchen Coachings hat. Ein Beispiel wäre: ein Coaching für einen Hochbegabten Erwachsenen mit dem Coachingziel: Optimierte Sozialkompetenz. Hier braucht es einen entsprechenden Coach, ansonsten der Klient unverantwortbar wahrgenommen und eher verscheucht oder nie wirksam erreicht wird. 

Coaching ersetzt keine Psychotherapie - oder wie schwierig es ist, Coaching abzugrenzen:

Auf den meisten Coaching-Webseiten oder -Unterlagen finden Sie den Ethik-orientierten Satz: 
  • Coaching ersetzt keine Psychotherapie
Das scheint auf den ersten Blick eindeutig. Aber in der Praxis hat sich mir gezeigt, wie trickreich und wie schwierig es ist, 
  • .. das Kundenanliegen professionell zu durchschauen und zu prüfen bzw. abzugrenzen
  • .. das erkannte Anliegen in seinen Dimensionen und Tragweiten einzuordnen und
  • .. last but not least für den Menschen der anfragt die richtigen Worte für eine Klärung zu finden
Aus diesem Grund hatte ich das Bedürfnis, die diversen Aussagen und Wertvorstellung, aber auch die Tiefen von Seiten der anfragenden Menschen in einer Darstellung zu erfassen, die ich unten vorstelle: 


Die Coachingabgrenzung 


- grafisch dargestellt von Jona Jakob, 2016

Die Coachingabgrenzung Jona Jakob - Alle Rechte vorbehalten - 2016


Was versucht diese Grafik alles auszuweisen?
  1. Coachbarkeit bzw. Selbstbestimmungskompetenz:
    Auf der Horizontalen finden Sie die Achse, welche die 'Coachbarkeit' eines Klienten darstellt. 'Coachbar' ist jemand, dessen Selbstbestimmungskompetenz für die Hilfe zur Selbsthilfe intakt ist. Dabei habe ich die anfängliche Idee um einen Aspekt erweitert: Man kann skaliert von 0-10 'coachbar' sein - aber man kann auch von 0 bis Minus-10 (linke Seite) weit weg von 'coachbar' sein.
  2. Auf der Vertikalen stelle ich dar: Wie hoch ist der 'Coaching-Value'?
    Mit Coaching-Value meine ich, wie sachlich / monetär / schicksalsmässig / gesundheitlich WERTVOLL ist das Anliegen bzw. das unbewältigte Anliegen ... oder anders gesagt:
    - Was wäre mit einer Lösung an Schaden zu verhindern (z.B. Fehlentscheid / Konsequenzen)?
    - Was wäre an Substanz zu erhalten? (z.B. Erhalt von Beziehungen / Verhältnissen / Projekten)
    - Was wäre zu gewinnen? (z.B. neue Stelle / mehr Einkommen / Entwicklung / Gesundheit)
    Wenn es Ihnen schwer fällt, das so zu sehen, weil sich in Ihnen etwas weigert, dann fragen Sie sich: Wie würde das Ihr Anwalt / deren Anwalt einschätzen?
    Auch hier zeigt sich: nicht jeder Wert ist die Investition eines Coachings wert. Es lohnt sich nicht, was z.B. dann der Fall ist, wenn ich jemandem in 10 min einen Input am Tel. liefere, damit die Person weiterarbeiten kann. Problem gelöst - weiter geht es. 
  3. Quadrant links-unten:
    Kein Coaching. Die Klienten in dem Feld sind aktuell in einer Situation, die man als 'nicht-coachbar' einschätzen muss. Es darf hier kein Missbrauch stattfinden. 
  4. Quadrant links-oben: 
    Die anfragenden Menschen sind aktuell nicht coachbar, aber das Anliegen bzw. ein möglicher Schaden könnte wertvoll bzw. teuer sein. Dann kann ich als Coach das Coaching ablehnen, aber dennoch honorarfrei kurz versuchen, mit Ratschlägen, Hinweisen, Kontakten oder Ideen dem Menschen einen Weg zu zeigen, sich anderswo Rat, Hilfe oder Unterstützung zu holen, damit kein Schaden entsteht oder eine Lösung gefunden werden kann (z.B. sich Unterstützung beim Arbeitsamt zu holen)
  5. Quadrant rechts-unten:
    Wie schon unter 2. notiert: Der Aufwand für ein Coaching ist nicht gegeben. Dann kann man das Problem kurz aus der Welt schaffen - per normalem und nichthonoriertem Gespräch, von Mensch zu Mensch. Ok, wenn Sie Telefoncoaching in 10-Min-Abrechnung anbieten, dann sollten Sie das aber vor der Problemklärung mit dem Klienten vereinbart haben, also dessen OK und Zustimmung für die Honorierung erhalten haben. 
  6. Quadrant rechts-oben: 
    Das ist der Coaching-Quadrant. Hier ist jemand intakt in seiner Selbstbestimmung und das Anliegen hat einen natürlich hohen Coaching-Value - es lohnt sich und wird zum investierten Gewinn, ein Coaching zu vereinbaren und gegenseitig den Beitrag zur Lösungsentwicklung zu leisten. Hier entsteht ein Win-Win. Hier ist man als Coach ethisch korrekt und als professioneller Berufsmensch stimmig aufgestellt. Und hier sind die Gewinnfelder, die Entwicklungsmöglichkeiten, die Lösungsfindungen für den Klienten realistisch erarbeitbar und ganz und gar möglich. Hier fühlt sich das alles gut an. 
Wie gesagt, mir persönlich war es ein Anliegen, den Sachverhalt darzustellen. Ich gewinne damit Sattelfestigkeit für Erstgespräche, für Finten, für seelisch erschwerte Anliegen, für eine präzise Abgrenzung - denn auch handicapierte oder sonst betroffene Menschen können korrekt angelegte Coachingprozesse absolvieren! - aber man muss das als Profi klären und getrennt halten KÖNNEN. Und man muss stets die richtigen Worte bzw. Sprache für alle Menschen haben, ganz besonders, wenn der "kaufbare" Coach drei von vier Bereichen abzulehnen hat. 

Ich hoffe, ich kann damit dienen. 

Mit besten Grüssen

Jona Jakob

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