19.05.16

Autorität bei Führungskräften? Anmerkungen zu einem Beitrag von Dr. Rolf Meier bei bilanz.de


Herr Dr. Rolf Meier, Systemischer Management Coach aus Henstedt-Ulzburg, publizierte bei BILANZ.de online einen Artikel mit dem Titel "Führungskräfte müssen Autoritär sein."

Link zum Beitrag von Dr. Rolf Meier:
https://www.bilanz.de/management/fuehrungskraefte-muessen-autoritaer-sein

Dieser Beitrag hat in mir den Impuls ausgelöst, mir in der Sache meine eigenen Antworten zu geben. Mir fehlte ein 'Art Vollständigkeit. Da meine Gedanken als berechtigt bestätigt wurden, poste ich diese hier im Blog.

Meinen Kommentar bei BILANZ.de:
https://www.bilanz.de/management/fuehrungskraefte-muessen-autoritaer-sein#comment-2678880962

Ich füge meinen Kommentar direkt hier ein - er weicht in wenigen Worten ab:

Guten Tag

Zum Schluss hin hab ich dann klar bekommen, worum es geht. Und ja, damit kann ich d'accord sein. Es wird beschrieben, wie das Bestimmende, das Autoritäre entsteht, in jedem von uns selbst.

Was mir, ich bitte jetzt schon um Entschuldigung, wenn ich es überlesen hätte, ... was mir fehlt ist folgende Sache: Ein Jedes hat seine zwei Seiten. Ein gute und eine schlechte, eine schöne und eine hässliche, eine tolle und eine unangenehme. Und egal wie humanistisch und modern ich erkläre, was ensteht, wenn jemand seinen Entscheid durchsetzend bestimmt, ob mit oder ohne Gefolgschaft, so entsteht dabei immer ein Anteil Pro und ein Anteil Kontra. Egal wie, wann, wo und unter welchen Rahmenbedingungen, Positionen, Zusammenhängen ... immer hat es auch eine unangenehme Seite dabei.

Bei all denen, die nun im Hau-Ruck-Stil ihre Entscheide oder das Bestimmende durchsetzen, muss ich vermuten, dass so Dinge wie Macht, Kraft des Amtes, Institutionelle Kompetenzen, Gier, Manien, Männlichkeit oder sonst teilweise Wahnsformen besonders "beschützend helfen", sein eigenes Ding zu machen. Braucht man sowas, um eben diesen unangenehmen Teil zu übertünchen, kann ich es genauso gut gleich lassen, mich partizipativ zu bemühen, einer Schmierenposse gleich - ist einfacher, simpler, weniger verräterischer, wenn man schon die Arschseite seiner Wesenzüge zeigt. Ungeliebt und unbeliebt eben.

Es sind also, wie im BILANZ-Beitrag von Hrn. Dr. R. Meier, noch alle sozusagen "unschuldig", was mE auf den ersten Blick beruhigen vermag, obwohl es einem weiter ohnmächtig zurück lässt, Doch es schliesst weiterhin nicht ein, was mir in der Kolumne fehlt:

Die Annahme der nicht-goldenen Seite der Medaille.

Wir können, ob wir wollen oder nicht, meiner Meinung in keiner Handlung, Entscheidung, noch beim PEAK (Planung Entscheidung Anordnung Kontrolle) vermeiden, dass der kleinste Fingerstreich seine unangenehme, negative Seite hat um es vollständig werden zu lassen. Es bleibt stets die Opportunität. Es bleibt die dunkle Seite des Mondes. Es ist nicht aus der Welt zu reden, dass ein Jedes seine zwei Seiten hat.

Und weil wir Menschen dazu nicht gerne stehen, allein dem Gedanke des eigenen Todes gehen wir aus dem Weg wie dem Fegefeuer, allein deshalb versuchen wir wie verkrampfte und wenig erwachsene 'Idiotes' {Wiki: Idiotes (altgriechisch: ἰδιώτης) war eine nicht wertende Bezeichnung für einen Privatmann und im militärischen Bereich für einfache Soldaten.) (Quelle: Botho Strauss: Lichter des Toren - Der Idiot und seine Zeit) "es RICHTIG zu machen". Unemanzipiert von den Konditionierungen von Eltern, Lehrern, Meistern und Prüfungen betteln wir darum, es richtig zu machen. Schimär und unheilvoll in seiner jahrelangen Wirkung.

Denn wir machen es bei jedem richtigen Tun gleich auch falsch. Es gibt immer eine Gegenseite. Und so wenig ich vom zweiten Weltkrieg weiss, so schreibe ich doch: Churchill muss darum gewusst haben. Er schickte seine Soldaten nicht ohne eigene Worte über die Möglichkeit des Sterbens in den Kampf. Blut, Schweiss und Tränen. Er war ehrlich. Er benannte die Misere, den Verlust, den Opferanteil an seinen Entscheiden - UND DAS LIESS IHN AUTORITÄR aber angenommen führen. Denn wenn man wenigsten weiss, man stirbt für den unschönen Teil der Sache, so stirbt man eben nicht sinnlos, sondern immer noch für die Sache. Das ist eine ganz andere Wachheit und Erfüllung. Hier kriegt die Sache plötzlich Sinn und wird für Führende vertretbar / ver'antwortbar.

Zurück zu heutigen Führungsinstrumenten - zurück zu Blake / Mouton und ihrem Führungsgrid: Es gibt eine Sozialzielorientierung, aber es gibt gleichzeitig ausgleichend die Sachzielorientierung. Und die kann Teile von Aufopferung bedeuten.

Würden wir alle diesen Anteil des Verlustes, des Unerfüllten, des Opportunitätsaufwandes, des Falschen und Ungelösten in unseren Handlungen annehmen / einschliessen / akzeptieren, ohne Stress, sondern als waches und erwachsenes Denken der Dinge, so würden wir uns - so meine eigene Vermutung - leichter zu Menschen hinsetzen und sie fragen, was sie von den Lösungswegen halten. Denn wir wären uns alle einig: irgendwas wird an der Sache nicht gut sein - was also ist für uns im Moment das Beste. Und fürs andere wird jemand oder etwas verlieren. - Wir hätten keinen VW-Skandal ...

Was aber ist nun die zentrale Handlung, in der wir wirtschaften? Wir mehren investierte Schulden zu mehr Geld. Hierfür liegt ein Zweck des Unternehmens in seinen Satzungen zugrunde. Hierzu verfolgt der kleine oder grosse Geldkreislauf seinen Zweck. Peter Sloterdijk beschreibt das in seinem mE empfehlenswerten Buch 'Im Weltinnenraum des Kapitals' vorzüglich und höchst unterhaltend. Er beginnt mit dem Schuldenmachen, das vor über 500 Jahren begann, welches alleine uns zwingt, autoritär zu werden und konsequent zu handeln.

Wissen Sie, ich reiste drei Jahre durch Middle East als Handelsreisender. Und so fragte ich während der Kuwait-Krise Kunden, wie die Händler ihre Geschäfte nicht verlieren, wenn Sie für drei Monate oder ein Jahr ihre Rollläden vor den Geschäften schliessen und einfach nicht weiterarbeiten? Da sagte mir der arabische Gastgeber: "Nun, bei uns ist immer alles gleich bezahlt! Wir müssen nicht wegen Krediten arbeiten und wachsen." Das hat gesessen.

Wir müssen. Ok. Die Wohlfahrt ist seit dem zweiten Weltkrieg unvorhersehrbar besser geworden. Aber dennoch: The show must go on - ob wir wollen oder nicht: Wir müssen. Wir müssen auch sterben.

Und so sollten wir - so meine Meinung - nicht nur festhalten, dass Autorität ein Konstrukt ist, das mal mit oder auch gleich ohne jede Beteiligung für das Unangenehme 'unschuldig' bleibt, ... wir sollten auch wesentlich mehr beachten und berücksichtigen, dass wir es niemals "richtig" machen können. Das gibt es nicht. Es gibt nicht nur die Goldene Seite der Medaille. Es gibt sie, aber dann gibt es die finstere auch. Und die schwingt mit, egal wie ich handle. Wir vermögen es nicht, es richtig zu machen. Wir bräuchten so auch nicht den ganzen Tag zu zweifeln und uns schuldig zu fühlen, für all das Verfehlte.


Vielmehr sollten wir an Grösse und damit Autorität gewinnen,
in dem wir einen transparenten Blick auf den immerwährenden Anteil einer Sache werfen, den wir fürs Resultat zu bezahlen haben. DAS wäre jener Anteil von Vertrauen und Qualität, die einer Führungskraft mE Gefolgschaft gewährt.


Mein Vater sagte mal: "Ein guter Patron hat seine Leute um sich." Ich hoffe, meine Gedanken ergeben zur Kolumne einen Sinn.


Herzlich

Jona Jakob

www.consensus-coaching.com

Zürich Bern Frankfurt

05.05.16

Coaching-Verbände? Anmerkungen auf einen Beitrag Dr. Rolf Meier bei BILANZ.de

Herr Dr. Rolf Meier, Systemischer Management Coach aus Henstedt-Ulzburg, publizierte bei BILANZ.de online einen Artikel mit dem Titel "Wozu brauchen wir Coaching-Verbände?"

Link zum Beitrag von Dr. Rolf Meier:
https://www.bilanz.de/management/coaching-verband

Dieser Beitrag hat in mir den Impuls ausgelöst, mich reflexiv niederzuschreiben, mir in der Sache meine eigenen Antworten zu geben, auf dass meine Haltung mir klar wird und veröffentlicht auch anderen zur Orientierung zur Verfügung steht. Ich mache mich also transparent.

Meinen Beitrag kann als Kommentar bei BILANZ-Online gelesen werden:
https://www.bilanz.de/management/coaching-verband#comment-2653308389


Ich füge meinen Kommentar direkt hier ein:

Zum Grusse

Die Geschichte vom Bollwerk:


Ein Geschichtslehrer kam zum Thema 'Ritterzeit' mit der Aufgabe in die Klasse, wir mögen einmal an der Tafel das "beste" Bollwerk zeichnen. Wir kannten Grundformen und waren motiviert, komplexere Gebilde zu bauen, bei denen man den Feind noch leichter in den Rücken schiessen konnte - doch je verwinkelter und komplexer wir die Trutzmauer um den Ort und das Schloss zeichneten, desto anfälliger, angreifbarer und verwundbarer wurden wir selber.

Die fehlende Kohärenz:


Beim Lesen des Beitrages konnte ich mit den Aussagen wenig anfangen, da (noch) nicht wirklich lösbar, also wie mit der realen Situation draussen. Erneut der Versuch einer Kritik, die berechtigt sein mag, aber dann mE nicht wirklich greift, weil eine Lösung längst da wäre, wäre sie festmachbar. Aber jeder einzelne Begriff wird uns durch die Hand flutschen, muss ich vermuten. Danke Herr Meier für Ihren Beitrag.

Das Mass an Jahresbeiträgen:


Ich bin erst seit zwei Jahren in Deutschland, da ich die früheren 50 Jahre in der Schweiz lebte. Ich versuche daher mich zu 'orientieren', was meine Wachheit auf die angeprangerte Situation steigert. Ich möchte wirklich zu gern wissen, wo es toll wäre, dabei zu sein. Und so stehe ich unter nicht zu wenigen Einflüssen, die zumindest gerne meinen Jahresbeitrag hätten.

Für Jahresbeiträge - wäre man in 3-5 verschiedenen Organisationen, nicht nur Coaching-Verbänden, könnten leicht Euro 2'000.-- ausgegeben werden, ein Betrag, den ich eigentlich bei max. 10% meines Marketingbudgets halten möchte, welches auch nicht mehr als 20% meines Umsatzes ausmachen soll. Jetzt: entweder ich mache massig Umsatz oder die Rechnung geht nicht auf. Eher geht die Rechnung nicht auf.


Welcher ist mein Beitrag? Und (ver)mag ich den wirklich leisten?


Last but not least lebe ich als Coach eine bewusst selbstverantwortende Haltung. Ich will vor mir selbst wissen, was ich tue. Und für wen ich 'da' bin. Mitgliedschaften sind für mich keine blinde, subordinierte Gefolgschaft, sondern ein partnerschaftliches Einstehen, ein Mitmachen, ein Beitragen, ein Arbeiten und Auseinandersetzen und Unterstützen. Und so steht dann plötzlich die Frage - eben nicht mal so im "Raum" - sondern vielmehr alleine vor mir selbst:

- WO mag ich mich eingeben?

- MIT WEM mag ich arbeiten?

- WOFÜR stehe ich ein, nach Innen und nach Aussen?

- WER oder WAS verkörperte das MEINE, WIE und WARUM?

Die Krux mit der korrekten Distanz bzw. sich selbst keine 'Orden' anbatschen:


Und so bedacht könnte mir ein Existenzialist oder "Diogenes" gut argumentieren: "Als Coach mit korrekter Haltung darfst du gar nicht wo dabei sein - alles, was du als Verbands-Image für dein Standing ausweist, wirbt für dich ... und davon hast du für den Auftrag gefälligst die Finger zu lassen! - Du hast keine Coachees zu werben!"


An was mag ich mich, JJ, also orientieren?


a) Ich habe mein Schiff zur Zeit hinter einer Insel fest gemacht und warte in dieser Frage die Entwicklungen ab - noch bin ich nirgendwo Mitglied.

b) Ich habe mich entschieden, bewusst zu aktiven Anlässen der verschiedenen Verbände hinzugehen, alleine um zu SPÜREN, ob ich mich mit den dortigen Menschen wohl fühle. Ich war beim ICE und ECA. Ich hoffe, nächstens den DBVC wo zu erleben, was ich tangentiell durch eine Ausbildung tue. Aber noch lieber wäre mir ein Tag oder Workshop mit Kollegen aus dem Verband.

Da ich jahrelang in Personenzentrierter Gesprächsberatung und als Marketingleiter ausgebildet bin, bin ich bereits zertif. Mitglied bei der GwG e.V. und als Berufsprüfungsexperte bei Swiss Marketing (zusammen: Euro 600.-- p.a.)

Danke an die bereits erlebten Organisationen


Ich möchte an dieser Stelle allen fünf Organisationen danken. Überall war es toll, waren umwerfende Menschen und Praktiker, die mich herzlich empfingen und dir mir stark das Gefühl vermitteln konnten, dass wirklich alle im höchsten Mass ihre Haltung trugen, für Menschen ein gutes und sich positiv anfühlendes Leben und Arbeiten gestalten zu mögen - womit auch immer. Das WOFÜR stand stets spürbar im Raum.

Ich werde nun bis Frühjahr 2017 abwarten, hinschauen, nachfühlen und mir auch die Möglichkeiten meines - nicht nur finanziellen - Beitrages erkunden, und dann werde ich mich vermutlich ein erstes Mal für wen entscheiden.

Es wird mir also nicht zu sehr die Frage der Satzung werden - ich werde mich mit höchster Wahrscheinlichkeit für 'humanness' entscheiden, weil es mir an solchen Orten leicht fällt, Geld, Zeit und Kraft einzubringen und mein Gutes zu tun, auf das hin es allem besser geht.

Manchmal ziehe ich mich bis auf Theorien der Betriebswirtschaft zurück. Ein davon nennt sich 'Das Führungsgrid - nach Blake / Mouton (siehe Wiki). Es fragt sowohl nach der Sozialzielorientierung wie nach der Sachzielorientierung - irgendwo in diesem Spagat wird meine ganz eigene Wahrheit liegen.

Ich bedanke mich an dieser Stelle für die Gelegenheit, mich damit reflektieren zu können.

Mit besten Grüssen
...

Ich möchte noch querdenken:


Eine der grössten Kräfte und einer der stärksten Momente in Coachings ist jener, bei dem wir Coaches eine 'lethologische Haltung' einnehmen. Es ist meist einer der wahrsten Kerne dessen, was Coaching sein könnte.

Input: Lethologische Haltung:
Lethologische Begabung. Lethologie ist nach Heinz von Foerster (von Foerster u. Bröcker. 2002, S. 305 ff.) die Lehre des Nichtwissens.

Es sind die Momente, wo wir von unserer Seit her das Nichts zur Situation liefern, ausser vielleicht Bemerkungen wie: "Das kann ich nicht wissen / Weiss nicht / Das müssen Sie wissen / Sagen Sie es mir / Keine Ahnung / etc."

Und mein Gedanke ist es, dass sich genau DAS schneiden könnte: der (deutsche) Anspruch, alles wissen und erklären zu können, bis hin zur letzten Kommaregel und eben diesem unfassbar offenen Raum, wo Coaching seine Wirkung entfaltet, und jene "Wahrheiten und Wirklichkeiten" konstruiert und systemisch entstehen, die für den Coachee gelten - nicht aber für sonst jemanden, jedenfalls nicht zwingend. Es gibt also allenfalls nicht DIE Wahrheit und Wirklichkeit, die es für verbandsmässige Aussagen bräuchte.

Wenn der Verband Deutscher Arbeitsgeber oder Industrie Aufträge gewinnen möchte, dann kann der ausdrückliche Wille dieser Verbände das weitaus definierter in Satzungen ausdrücken. Das ist sozusagen 'handfest'.

Bei uns bleibt das aber selbst im Businesskontext 'das' Moment der Schöpfung im Sinne der sokratischen Hebammenhilfe (Maeutik) und bleibt spätestens im Moment nicht in Worte zu fassen.

Und ich meine doch:

Wir sollten vielleicht anstelle einer gefassten Formulierung eher ausdrücken, dass wir dazu stehen, "es nicht zu wissen" und dass besonders diese Haltung und diese Überzeugung das gemeinsame Verständnis aller Coaches ausmacht und definiert. Darin könnte das Gemeinsame liegen.


Lethologisch gesagt: "Keine Ahnung." :-)

Jona Jakob

www.consensus-coaching.com
Zürich Bern Frankfurt