19.09.20

Vom Bemühen

Ich habe im Leben lange gebraucht um zu lernen, dass man mit Vollgas über die Ziellinie laufen sollte. Ich war ja nie großer Sportler, entzündete Bronchien hinderten mich in der Kindheit. Also sah ich auch keinen Sinn, für meine Laufzeiten oder mein Bemühen über das Ziel hinaus alles zu geben. Wenn ich auf der 100-Meter-Laufbahn diese ersten Messbalken vor der Ziellinie sah, fing ich an auszulaufen, zu drosseln. 

Jahre später gab es als Teilnehmer von Marketingausbildungen Fallstudien zu lösen. Für die ersten erhielten wir zwei oder drei Stunden Prüfungszeit, was ca. 15-20 Seiten A4, handgeschrieben, als Lösung ergab. Später, für den Marketingleiter, wurden vier Stunden angesetzt, die Seitenzahl für eine strategische Lösung war entsprechend größer. Um das zu bestehen, war Arbeitstechnik angesagt, Form von Management, wie man schnell und nachvollziehbar zu 

  • Analysen
  • Entscheidungen
  • Strategien
  • Maßnahmen
  • Mitteln und
  • Kontrollen 
kam. Es gab strategische, operative und auch taktische Konzepte, alles musste einen Sinn ergeben. Die Prämissen, ... was haben wir geflucht. Doch die Lern-Lektion, die learning lesson, lag in einem Dozenten, der einfach ein 'Sauvage' war - zu Deutsch: Eine Wildsau. Egal, ob der geredet, gedacht, doziert, instruiert oder mit uns einen Teller Spaghettis gegessen hat, der war einfach nur schnell. Mega schnell. Eigentlich noch schneller. Manchmal war der aus einer Sache raus, da hatte ich noch nicht angefangen zu denken. Wie gruselig es bei den Spaghettis wurde, darf man sich in freier Fantasie vorstellen - es wurde bisweilen peinlich. Unsere Lerngruppe, eine Frau, vier Jungs, hat das übernommen. Keiner von uns kann noch langsam. Klar, langsam tanzen ist schwerer, als schnell tanzen, doch wenn es darauf ankommt, lege ich heute noch ein Tempo vor, dass andere frustriert: 

  • strukturiert
  • mit Kriterien
  • gewichtet
  • entschieden
  • definiert
  • geplant
  • kontrollierbar
Ich bin nicht dafür, alles nur schnell zu machen. Das ist nicht die Idee dieses Postings. Ich bin ein großer Freund von Langsam und Sachte und Achtsamkeit. Wovon ich aber auch Freund bin, das ist, schnell zu können, wenn schnell den Erfordernissen entspricht. Das ist kein Trainingsaspekt, das ist eine mentale Sache, sich um den letztmöglichen Handgriff zu bemühen, plus-ultra, über die letzte Sekunde hinaus. Spiel, spiel, spiel, ... bis dich einer aus der Sache rauspfeift. Vorher höre nicht auf. 


Nach einer Tag-Nacht-Regatta auf dem Zürichsee hatte sich der Zürcher Yacht Club die sonst vor dem Clubhaus liegende Ziellinie um 300 Meter südlich verlegt, um die Boote besser abschießen zu können. Das zwang alle, hierfür nochmals gegen die achterliche Südbrise anzukreuzen. Müde und von der Nacht gezeichnet entschied ich in den Stunden mit den lila Wolken, für die paar Meter den Genacker nicht noch zu wechseln, wir würden damit "geradeso" die Ziellinie erreichen, was dann auch so war. Auch als ich das Schiff neben uns noch sah, wie die ihr Vorsegel strichen, um eine leichte Fock zu setzen, dachte, ich: verlorener Schwung. 

Leider nein, die haben uns, ob relevant oder nicht, auf den letzten Meter mit dem optimalen Vorsegel überlaufen. Heute gibt es Menschen, die mich anstrengend finden, wenn ich für das Letzte noch Alles haben will und es fordere. Es ist ein Ding vor mir selbst. Haben Sie also bloß keine Selbstzweifel. 

Herzlich

www.jonajakob.com


06.09.20

Coaching: Nur das Eigene schafft Persönlichkeit

In der Erarbeitung von Erkenntnis, von Reflexion und Wachstum, sprich: deiner Persönlichkeit, gibt es mE einen wichtigen Unterschied in seiner Wirksamkeit:
  • ob du dich per fremder Darstellung / Anlehnung beschreibst oder
  • ob du dein eigenstes Erleben in deiner eigenen Ausdrucksweise verfasst (eigene Worte). 
DAS macht mE auf die Dauer den ganz großen Unterschied in den langen Jahren zu sich selbst.

Wenn jemand sich entdeckt und sich in der Welt neu einordnet, erfährt und wiedererkennt, dann ist hierfür meist "kein eigener Wortschatz / keine Ausdrucksweise" vorhanden. Man ist sich nicht "gewohnt", "so" über sich selber zu reden / schreiben / sich auszudrücken. Vielmehr "stellt man sich dar" - das ist aber nie Du selbst.

Man nimmt dann mE zu leicht den Griff in die Trickkiste und beschreibt sich mit 
  • fremden Worten
  • Kalenderblattsprüchen
  • Bilder, Bilder, Bilder - besonders gerne fremden Bildern
  • mit Zitaten
  • mit "weißt du, was ich meine?"
  • mit Klischees, Texten
  • besonders: Mit Zeug von anderen Menschen 

Diese Hilfsmittel sind wie Brücken, die vor allem dem zeitlichen Moment dienen (kann gleich was liefern) und die auch eine Menge abdecken und erklären mögen (Pareto). Sie bergen auch den Vorteil einer 'Convenience', einer Art Bequemheit. 

Doch wenn man sich mit fremden Federn schmückt, bleibt man sich und für andere fremd, egal wie lange man es versucht! Die Anfänge empfundener Entwicklung der eigenen Person kleben dann auf der Rückseite der fremden Federn, treten aber nicht hervor - ein Geschehen, welches zu gerne auch nachdrücklich genutzt wird, um sich doch nicht wirklich zeigen zu müssen. Wörtlich: "Man-macht-sich-was-VOR", als würde man sich hinter einem VorHang verstecken wollen. 

Wenn man also in der Laune ist, sich wie auszudrücken, dann nützt ein Bild, ein Foto, ein Zeichen in seiner Kryptik NICHTS. Es "covert" (bedeckt / deckt zu) deinen Zustand vielmehr. Die totale "Ver-Sinn-Bildlichung", die zu gerne durch Facebook, Labels, Instagram, Kleidung, Status und Soundmachines genährt wird. Bernd Guggenberger (Politikwissenschafter) notierte 2003:
So-tun-als-ob ist das beliebteste der Gesellschaftsspiele, der Ernstfall bleibt ausgeklammert. Wir leben 'second-hand live'! - Bernd Guggenberger, 2003


Coaching

Für dein wahres Ich "quäle" dich durch. Du quälst dich ja auch im Fitnesscenter, also "shape" dich in deinen Worten zu dir selbst:
  • Wie geht es dir?
  • Was fühlst du? 
  • Was ist dein Bedürfnis? 
  • Was ist deine Bitte? 
  • Wie fühlt sich das für dich an?
  • Was brauchst du nicht?
  • Was brauchst du?
  • Was bewegt?
  • Wer bist Du?

Bild: An dem Adobe-Stockbild (lizenziert) mag ich rechts die Hände. Sie sind ehrlich und drücken ganz und gar die Person dahinter aus. Es ist mE alles darin. Dann kommt es auch zu dem lächelnden Staunen im Blick gegenüber. Therefore ...


Die Idee ist es, den Mut und die anfängliche Unzulänglichkeit zu haben, sich in den eigenen Worten zu finden. Es dauert. Es stottert. Es fängt Sätze mehrfach an.Auch in eMails, Briefen, SMSen. Nun sag mir, ob du beim ersten Rollbrettfahren besser auf dem Brett gestanden bist? Nein. 

Daher: Es ist kein Verlust, die ganz eigenen Worte zu erknabbern, statt auf weltberühmte Zitate zurückzugreifen. Sprich, schreibe, wage dich, mute dich zu. Du kennst dich, als Kind Steine an Wasser gelegt zu haben, auf denen du sozusagen "Neuland" gebaut hast. Baue Neuland, das bildet dann deine Persönlichkeit heraus. 

Und achte dich auf nur 1 Moment, der dir deine Sicherheit dann schenkt, selbst wenn dein Gegenüber noch nichts versteht oder verstanden hat - in dem Moment, wo deine Worte ganz und gar dein Sein für dich beschreiben, je näher du an deine Gefühle gelangst, desto "AUSGEHAUCHTER" verlassen sie deinen Mund. DAS ist dein Zeichen. Du wirst sie nicht kraftvoll pressen müssen. Sie atmen aus deiner Seele und berühren, einem Schleier gleich, erst einmal dich selbst.

Zweites Zeichen: Du wirst auch nicht mehr nachhaken und fragen: "Verstehst du mich?" - Nein, du wirst nicht mehr fragen und nicht dir nicht sicher sein. Im Gegenteil, du wirst stille in dir ruhen, bestenfalls nachtragen: "Ja, so bin ich gerade. Das ist mich." Du wirst dich bestätigen und auf diese Weise ganz Dich werden und sein. Das ist es auch, was ich von dir haben möchte.


Jona Jakob (c) 2020