30.12.18

Würdigung der Altjahreswoche, die Zeit zwischen den Jahren ...



Mit dieser persönlichen Beobachtung möchte ich kurz vor dem Jahresende die Altjahreswoche würdigen. Jene Woche, dich ich stets mit Besinnung, Rückschau, Vorschau und dem eigenen Ich verbinde. Man könnte die Quo-Vadis-Frage stellen Wohin gehst du? Wohin des Weges? Und bestimmt, man geht immer einen Weg, sogar einen letzten. Als Lebender bleibt die Frage, ob der Weg, den man geht, jener Weg von allen oder vielen Wegen ist, bei dem man sich am wohlsten fühlt. Das Leben ist mE nicht gut oder schlecht. Und noch viel weniger ist jeder von euch oder uns allen gut oder schlecht. Vielmehr ist es mir wichtig, SICH STIMMIG zu fühlen, ein Gefühl, bei dem mir selber wohl ist, und mir niemand daran heran gelangt, es mir von außen zu bewerten, als wäre etwas nicht recht. Dann wäre ich ja schon wieder in der Fremdbewertung verfangen. Nein, sich selber stimmig fühlen - das ist eine Sache, die man ganz edel mit sich selber ausmacht und wenn es gut läuft, möglichst bewahrt.


Liebe Grüsse
Jona Jakob

26.11.18

Idealerweise ist 'Coaching' nur da.

So oft: "Mir ist die Sache mit dem Coaching ein Buch mit sieben Siegeln." / "Ich kapiere es nicht." / "Was ist das eigentlich, Coaching?" / "Und was machen Sie da genau?"

Da Coaching eine Methode ist und diese einen beratenden Effekt herstellt, aber wenn immer möglich so, dass man sich selber die idealste Beraterin / der beste Berater ist, sollte sich Coaching von Beginn weg keiner Situation oder Person überstellen. Coaching hat nicht voranzugehen, zu führen, zu überstellen noch irgendwie ein "Experte-sein" darzustellen.




Wenn Coaching nur 'da' ist, stellt es sich mE am idealsten dar. Niemand hat einen Anlass, es zu nutzen. Niemand hat ein Diktat oder einen (werbenden) Ruf, es zu nutzen. Es steht einem einfach zur Verfügung. Dafür, sich selber zu ordnen, sich selber zu klären, sich selber zu finden und sich selber so aufzustellen, dass man seinen Weg wieder gehen mag und seine Ziele erreicht.

Man kann als Coach nichts tun. Sollte man auch nicht. Ausser eben da zu sein - als Präsenz für den Fall, dass jemand für seine Sache diesen Prozess der begleitenden Hilfe zur Selbsthilfe haben möchte.

Also ist im Idealfall Coaching "nur" da.

Jona Jakob, Aschaffenburg
raumfuergespraeche.de

03.11.18

Selbstdarstellung als "Coach" - man muss sich das schon genau anschauen.

Einleitend: Der Beitrag ist ein  Facebook-Beitrag, den ich aufgrund gemachter Beobachtungen in Facebook verfasste. Ich erlebe diese Selbstdarstellung noch bei LinkedIn, wo sie sich aber in quantitativer Hinsicht wesentlich bescheidener gibt. Und in XING ist davon noch weniger zu vernehmen. Es ist also nicht so, dass gleich überall Missstände herrschen. Zu betonen ist auch die grosse Zahl an Coaches, welche ganz und gar nicht in Internetmedien präsent ist, sich also zurückhält.


- bei Facebook verfasst, J. Jakob, 3.11.2018

Eine der übelsten Meta-Beobachtungen bei Facebook ist die massenhafte Selbstdarstellung von Dienstleisterinnen und Dienstleistern, Coaches, TrainerInnen, etc. WELCHE GERADE IRGENDWO VOR PUBLIKUM AUF DER BÜHNE STEHEN. Noch aufgeilender dann: TV-Kameras und ein Fernsehstudio.

Es scheint ein Bild zu sein, welches für Erfolg steht. Vielmehr aber empfinde ich dabei eine Selbstdarstellung, welche die Person auf der Bühne "zur Führerin / zum Führer" macht. DER oder DIE Ansager, Speaker, Tätschmeister, Zampanos, Coaches, etc. - wichtig möglichst: ein angetackertes Backen-Mikrofon und große, am liebsten drei davon, Leinwände im Rücken.

Ich verbinde mit dem Bild von Leuten der eigenen Gilde Schlimmes. Sehr Schlimmes. Die Selbstdarstellung in den Beiträgen trieft von "Führerschaft". Dabei sitzen wirklich gute Coaches im Publikum, reden Redner bei und mit den Leuten, statt vor denen. Die inhärente Perversion der Überzeugung, man sei wer, wenn man erhöht vor Publikum spreche, besteht nicht in fälschlichem Tun der vortragenden Person - man könnte das bis dahin irgendwie stehen lassen. Nein, das jeder Menschwerdung Ferne oder sich Widersetzende ist das aufs Neue bediente und/oder sich bedienen lassende Publikum. Es FOLGT.

Warum Publikum folgt, kann vielfach sein. Es hat sich frei entschieden, zu folgen. Oder ist einem Werberuf gefolgt. Oder gar anderen Gästen. Es dackelte dahin, um zu konsumieren, sich distanziert und anonym zu halten, versteckt und hinter vielerlei Masken. Fassaden über all dem, was man selber unvermögend nicht hervorzuzeigen vermag. Aus einem Gefühl des Ungenügens (und dabei sind die meisten Menschen durchaus gänzlich in der Lage, zu genügen), ergibt man sich FOLGEND der oder dem RednerIn, welche/r von irgendwas mehr Bescheid wissen soll. Ok.

Was aber bei Selbstdarstellungen als Speakerin und Speaker, als Meisterin und Meister, als Coach IMMER mit von der Partie der Darstellung ist: DIE DA FOLGEN MIR. Man zeigt Abhängige, man führt seine Herde vor, je grösser, desto stolzer. Das ist bei einer/m KünstlerIn, Musikern, Theaterleuten, etc. ganz anders, da die Kunst frei bleibt. Aber bei Wissen, Lehren, Theorien, Methoden, Inhalten oder gar Politik verhält sich das anders. Es entsteht aus einem Vorsprung, einem Mehrwissen, einem Bessersein sofort eine Art Top-->Down des Wissenden gegenüber den vermeintlich Unwissenden. Es vollzieht sich noch vor Beginn der Rede die Subordination - das ALLERLETZE, was in einem sauberen Coachingprozess hervortreten sollte.

Und das sollte mE nicht zu sehr als Selbstdarstellung hervorgekehrt werden. Besonders nicht von Coaches, die damit jeden vertrauensvollen Grundsatz der "Hilfe zur Selbsthilfe" verraten.


Privates Foto von Jona Jakob / iPhone, 2016


Man könnte, so betrachtet auch dem Publikum einen Vorwurf machen, aber es stellt sich seltener "so" dar, stolz darauf, als Teilnehmende wo dabei zu sein (ok, das gibt es auch).

Ein Coach sitzt hinter, unter, bei seinen Leuten, die er auf die Bühne stellt. Er lässt sie reden, zeigen, vorzeigen und auch alle Fragen stellen, die zum Thema zu fragen sind. Und er lässt die Menschen / die Gruppe versuchen, die Fragen und Reflexionen zu beantworten. Sich selber hervortun ist nicht. Es müssten also Fotos als Dokumentation entstehen, welche jene darstellen, die in ihrem Prozess sind, dort oben im Scheinwerferlicht und auf der Bühne. Und Applaus, auch so ein betörendes Gift, sollte bestenfalls für die eigens errungene Erkenntnis und Zielerreichung erschallen, und zwar möglichst von jenen, die das Erreichte dann anerkennen. Das wären dann allenfalls Menschen, die gerade nicht im Saal sitzen, wie z.B. Beziehungspartner, Teammitglieder, ja sogar KundInnen, Mitarbeitende, etc.).

Ganz blöd dann, wenn man als FB-User den Eindruck gewinnt, eine Gruppe von Coaches würde gerade nicht selber merken, bei was für eine Spirale an Übertreffungen sie teilnehmen, immer einen Tacken mehr drauflegend, was man alles und schon gleich wieder "FÜR | WEN | WIEDER | MEISTERN" durfte. Das macht nicht nur die daran Teilnehmenden bis zur Peinlichkeit fragwürdig, nein, das VERRÄT jeden hehren Gedanken an das, was Coaching ist und an sich bleibend wäre.

Coaching ist eine gute Sache. Eine sehr gute Sache. Doch wenn sie von Speakern, Managern, Leiterinnen und Leiter, TrainerInnen ausgenutzt wird, um Reden, Auftritte, Management, Leadership, Zielzwänge, Optimierungen und sonst verführerische Handlungen vom Prinzip FÜHREN FÜR FOLGENDE, missbraucht wird, verrät man mit der Methode und Haltung des Coachings jedes und alles, was ALS Coaching benannt wird.

Dann muss man sich nicht wundern, als Rattenfänger interpretiert und distanziert gehalten zu werden.

Und man sollte sich mE damit ganz und gar nicht hervorkehren.

Jona Jakob
Senior Coach, Aschaffenburg


www.humanness-coaching.de
www.humanness-coaching.ch

21.08.18

Warum man beruflich loslassen, gehen und dann zurückkommen sollte.

Normalerweise streben wir in unserer beruflichen Entwicklung ein stetes Vorwärts an. Höher, weiter, schneller, irgendwie "besser". Das erschließt sich als Handlungsweise erst einmal: der nächst höhere Job, die wichtigere Aufgabe, der grössere Titel, alles gepaart mit Einkommen, Status, Rang und Optionen. Eigentlich ganz normal.

Doch wenn ich auf meine Berufslaufbahn blicke, 10 - 15 Jahre vor einer Beendigung, ich werde nächstens 56, dann würde ich aus Überzeugung und guten Gefühlen heraus darlegen können, warum ich nicht unwesentlich "stets im Heute der Besser meines Gestern bin".

Der "Bessere" ist nun nicht der Gesetztere, Höhere, Verdienendere oder Karrierist. Der Bessere bezieht sich auf eine bestimmte Souveränität über meine Kompetenzen. Ich bin nicht quantitativ der "Bessere meines Gesterns". Aber ich bin qualitativ der Bessere.

In nicht zu wenigen Kinofilmen sieht man Szenen, wo ein Schüler, ein Junior und Anfänger seine Schule, sein Dojo, sein Kloster sozusagen als Novize oder Mönch verlassen muss. Man verwehrt ihm die Heimkehr, sendet ihn raus, schickt ihn auf Wanderjahre. Man zwingt ihn förmlich, den Hort zu verlassen, einzig auf sein Können und seine Person sich stützend.

Es ist aber kein Rauswurf aus negativen Gründen. Es ist ein Entlassen, ein Stoßen aus dem Nest, damit man eines Tages zurückkehrt, als reife Persönlichkeit und Erfahrene/r. Nicht zu selten wird so eine zurückgekehrte Person zum Meister, Lehrer, Vorbild und neuer Trainer der Jungmannschaften.

Man ist dann - zurückkehrend - im Heute 

der Bessere seines losgelassenen Gestern.




So alle 10 Jahre haben sich meine beruflichen Kernaufgaben verändert. Dazu gehören auch mitten im Leben 10 Jahre Lebenskrise, die ebenso einen persönlichen Reifungsprozess und eine Erfahrung darstellen. Sie gehören zu meiner Karriere dazu. Aber es waren auch 12 Jahre als Dozent, 20 Jahre als Berufsprüfungsexperte, 12 Jahre als Coach. Und jetzt fragt man mich, ob ich die Entwicklung für ein Unternehmergruppe mit 10 bis >100 Leuten gestalten mag. Das entwickelt sich aktuell zur neuen Kernaufgabe.

In dieser Aufgabe ist alles wiedervereint, worauf ich "zurückkommen kann". Ich verstehe Berufsfachpersonen des Gewerbes, Handwerker, Hilfskräfte, Lehrlinge. Mir sind aber auch Juniors nicht unbekannt. Junge Meister, die ihre ersten Führungserfahrungen machen müssen, um Bauleiter oder Projektleiter werden. Und ich bin in Gruppen, wo Gründerinnen und Gründer ihre Anliegen vorbringen. Unterdessen stelle ich Leute an oder begleite den Prozess von Arbeitgebern und Arbeitssuchenden. Und letztendlich stehen Menschen im Zentrum, ob als Einzelperson oder als Gruppe, ob als junge Berufsleute oder reife Unternehmerinnen und Unternehmer. Ich bin in dieser Aufgabe als Entwickler einer Unternehmensgruppe nicht minder wieder Coach, ob Face-to-Face oder in Fragen der Executive. Nicht weniger bin ich Manager, taktisch, operativ und nicht zuletzt strategisch. Und auf alle Fälle bin ich wieder Unternehmer.

Ich mag es sehr, wenn ich die souveräne Qualität von jemandem spüre, die/der es lassen könnte, da plus ultra - darüber hinaus.


Alles was ich vereinbare ist von meinen einst zurückgelassenen 'Gestern' getragen. Gehe ich heute in ein Coaching, ich bin der bessere Coach. Verlangen die Dinge Ertrag, Wirtschaftlichkeit und Gewinn, bin ich der bessere Manager und Unternehmer. Backe ich abends Schnitzel - habe ich doch als Schweizer Koch angefangen - backe ich bessere Schnitzel.

So mag jeder äußerliche Schritt nach vorn für jemanden wichtig sein und auch gut aussehen. Aber 'gut werden' und 'von Güte sein' sind zwei unterschiedliche Dinge. Ich mag es gefühlt sehr, wenn ich die souveräne Qualität von jemandem spüre, die/der es lassen könnte, da plus ultra - darüber hinaus. 

Jona Jakob, Aschaffenburg
Senior Coach & "Beauftragter" :-)


P.S. Dieser Beitrag ist Daniel Steim aus Horgen gewidmet, unserem Präsident des Yacht Club Horgen. Als ich 2006 von ersten Coachingaufträgen sprach, sagte er: "Du weißt, das Wichtigste, wenn du Coach wirst ist, dass du es sein lassen kannst." Ich verstand ihn zwar, aber ich hätte viele Jahre lang niemandem erklären können, wie das gehen soll. - Danke, Dani.

05.05.18

Anstand hat man - oder man hat keinen.

Kann man in der Rolle als Global Player und Automobil-Weltkonzern entscheiden " ... ehrlicher, offener und anständiger ..." (VW Chef Herbert Diess) sein zu wollen?

Sein Wort in Gottes Ohr, würde der Volksmund sagen. Mir aber blieb die BILD-Schlagzeile im Hals stecken. - Nach Matthias Winterkorn folgt in der Konzernleitung  von VW, ausgesprochen VOLKSwagen, Matthias Müller und nach diesem seit wenigen Tagen Herbert Diess. Die BILD zitiert Herr Diess mit den Worten:

"VW muss anständiger werden." (VW / Herbert Diess)

Die Frage lautet:

Kann man das? Kann man "willentlich anständiger" werden?

Mein Gedanke ist, dass man den Wert 'Anstand / Anständigkeit' nicht wirklich willentlich und damit pragmatisch höher oder weniger hoch praktizieren bzw. leben und damit vorleben kann, gerade nicht als Weltautomobilkonzern. Was Herr Diess ausgesprochen hat, ist die Schimäre an sich. Im Ungesagten äussert Herr Diess, "wir werden aber schon Anteile praktizieren, welche unehrlich, intransparent und nicht anständig sind - vielleicht etwas weniger als bisher, aber doch schon" . So lässt sich das in seine Worte hineininterpretieren.

Wer mir sagt, dass er sich bewusst entscheidet, mehr oder weniger "... ehrlicher, offener und anständiger" sein zu wollen, der sagt mir damit unausgesprochen: Alles, was weniger als das Höchstmögliche in der Sache ist, ist bewusst unehrlich, verheimlicht und intransparent gehalten.

Jetzt könnten Sie mir per Johari-Fenster-Methode erklären, dass es menschlich sei, Anteile des Ichs (ob als Person oder Organisation) a) nicht sehen zu können (Blinder Fleck), b) nicht zeigen zu wollen (Fassade), c) sich nicht bewusst zu sein (Unterbewusstsein). Und das werden meine Fragen und Darstellungen auch nicht widerlegen. Das bleibt so.

Aber im Bewussten, jenem vierten Teil, der aus Fremd- und Selbstwahrnehmung beiden Seiten bekannt ist, kann Herr Diess oder sonst wer eine Äusserung in Sachen Anstand machen, die den Wert Anstand pragmatisch verkommen lässt?

Denn wenn ich als Konzernchef mit dem Wert Anstand willentlich umgehe wie ich will, mal anständiger, mal unanständiger, je nach Bedarf, habe ich in schier unerträglicher Weise mehr schlechte Haltung erlangt, als es einer Vorbildlichkeit zuträglich würde - vielmehr drücken Herrn Diess Worte aus, wie unsäglich macht- und "massregelungsbetont" diese sich von Oben herab in einer unterschwellig verlogenen Demut beugen. Wenn VW sich herablässt, "anständiger" werden zu wollen, wie noch soll man seine Kinder erziehen? Wie sitzt so jemand Sonntags betend in der Kirche?

Bild: Jona Jakob, Mai 2018 / (c) humanness Coaching, Aschaffenburg

Ich schiesse hier nicht auf Hrn. Diess oder VW, die sind gerade aktuell die Beispiele für ein verzerrtes Werte- und Haltungsmanagement, einem Fundament, auf dem wir uns weltliches Miteinander in Vertrauen bauen können sollten. Doch wer damit jongliert, verspielt damit die Sockelwirkung eines jeden Fundamentes, alles fängt an zu wackeln.

Und an dieser Stelle, ob ich (JJ) als Coach, ob als Gedankengerüst (Philosophie) fürs Werte- und Haltungsmanagement, ob als Konzern für globale Verantwortung oder ob als Leader in der Rolle des Konzernvorstandes (Verantwortung) ... mir scheint es nicht möglich, Anstand mal mehr oder weniger haben zu wollen.

Anstand hat man - oder man hat keinen. 

Dies sei nicht zur (vor)verurteilung von Hrn. Diess oder VW geschrieben. Dies sei geschrieben, um sich zu fragen, wie man es für sich selber halten will. Will ich damit je nach Situation umgehen, "wie viel anständig" ich mich verhalte? Oder will ich mein Leben, unser Miteinander und die Arbeit mit Anstand verrichten, bei dem ich mich nach bestem Wissen und Gewissen daran halte, auch wenn es mir mal zum Nachteil gereicht?

Ich danke Ihnen, wenn Sie sich für sich selber mit der Frage beschäftigen mögen.




Nachtrag zu Deon - Pflicht: 

Wenn man anstelle des (neoliberal unterwanderten) Pragmatismus in seiner Haltung verbleibt, also in sich eine Art Pflicht sieht, sich in Fragen zu Anstand nicht jeden Tag neu zu fragen, sondern den Wert Anstand unhinterfragt aufrecht HÄLT (Haltung), kann sich im Feld der 'Deontologischen Ethik' wiedererkennen. Für eine konsequent anständige Haltung gibt es durchaus einen wohl vertretbaren gedanklichen wie bewusst wählbaren Boden und der laviert nicht, auch nicht bei eigenem Nachteil.


03.04.18

Als Coach: Über das Nachdenken nachdenken ...

Vor zwei Tagen stehe ich im zugewandten nachbarschaftlichen Gespräch mit einer Frau, die vermutlich mein Alter hat, so um 55 rum. Es geht mir dabei um unsere Jahrgänge und die Zeit, welche wir beide in der Weltzeit erlebten:

  • Nachkriegseltern
  • 68er Revolte in Deutschland
  • Hippiezeit, Aufbruch
  • Sexuelle Befreiung
  • Emanzipation
  • Intellektuell getriebener, deutscher Terrorismus
  • Mondlandung, Autobahnen, Farbfernsehen, Muhamed Ali ...
  • DER SPIEGEL mit Augstein
  • etc. 

Erst in den 90ern - dreissig Jahre später - das Internet, die Bildschirme drängen sich vor, Börsenhype, Ego nach Schirrmacher - die ganze Selbstoptimierung.

In unserem Alter stehen zwei Generationen am Start oder im Gedränge des arbeitsamen Alltages, welche mit deren 'Zeit der Weltentwicklung' leben. Das bedeutet aber auch, dass sie allenfalls Dinge nie, nicht oder so nicht wirklich erfahren haben.

Und dann stellt im Gespräch die Frau folgende Frage - die mich seither beschäftigt:


"Ich habe mich immer gefragt, ob die (diese beiden Generationen) je gelernt haben, nachzudenken?"

Die Frage ist mE ein Hammer. Gab es für diese Generationen Anlass, nachzudenken? Und wenn ja, von welcher Natur? Wie wurde, wie wird gedacht? Nachdenken, wie notwendig ist das noch? Und wie gelenkt wird es?

Denn wenn uns Algorithmen aus den Berechnungen, mit Ursprung aus dem Kalten Krieg (Schirrmacher), immer nur die 'Optimierte Variante' errechnen und "erkennen" lassen, das Mehr, das Meins, das Haben und Wollen, dann denken wir nicht mehr wirklich, sondern verschaffen uns nur noch den Vorteil (ohne das inhaltlich hier zu bewerten).

Wenn wir aber nur noch das Positive, das Bessere, das Gewinnende und Habende bzw. Besitzende, den Erfolg, den Gewinn und die Optionen im Blickfeld haben, gibt es

a) wirtschaftlich wie politisch keinen Anlass noch nachzudenken und
b) keine Idee, keine Vorstellung für sich oder fürs Gemeinwohl in einer Weise zu denken, welche eine Gesamtschau betrachten würde: Man sucht keine Kritik, kein Negatives, keinen Zweifel, keine Selbstkritik, Moral, Ethik, etc. etc.

Im Not'bedingten Aufbruch der 60er- und 70er-Jahre waren die Zersetzung, die Dekonstruktion, das Nein und die Ablehnung das Mittel, sich aus seiner Lage zu befreien - ja das Denken an sich war der Sprengstoff seiner Zeit. Man erteilt der Lage eine intellektuelle, also erdachte Absage und hatte hierfür entlarvende wie transparent machende Argument bis hin zur philosophischen Schule, Lehre und Sprache. Man war damals "hellwach".

Das könnte mit der Frage der Nachbarin nun in Frage gestellt sein, für 20-, 30- und 40-Jährige, welche im Schutz von Konsum, Marketing, Arbeitsmarkt und der Gesellschaft, last but not least per Smartphone, Internet, Apps und all der Algorithmen, nur den Anteil suchen, der fürs Leben die Optimierung darstellt.

Bild: iPhone von Jona Jakob, 2017, Ägypten Tolle Stühle, in denen ich mich wohl fühlte.

Als Coach, der fast ausschliesslich mit der Reflexion der Klienten arbeitet, sah ich es für selbstverständlich an, dass man als Mensch das Bedürfnis verspürt, mindestens im Coaching nachzudenken - aber vielleicht nun nicht? Oder jemand "kann das nicht", weil einfach nie vorgelebt, gefunden, gesucht, erlernt. Das wäre ja möglich.

Klar, man denkt an all das, was man noch zu tun hat und versucht, ein möglichst geachteter Mensch für andere zu werden, ob in Job, Liebe, Geldsachen oder heute auch in Fragen der Gesundheit, Natur, Gesellschaft. Aber eben, man optimiert "nur" seine Lage, getreu dem neoliberalen Grundsatz: Schaut jeder für sich, geht es allen besser.

Aber Nachdenken ist das noch lange nicht! (JJ)

Und so meine ich, die Frage schuf in mir als Coach ein Bewusstsein ob meine Klienten

- nachdenken mögen
- nachdenken können
- Nachdenken kennen
- auf welche Weise sie nachdenken
- in welcher Zeit die Weise des persönlichen Nachdenkens entstand
- ob es Ängste gibt, nachzudenken
- ob es Sinnlosigkeit gibt, nachzudenken
- ob einfach alles "klar" ist - es kein Bedürfnis gibt, nachzudenken

Das Denken bzw. die Reflexion ist eine Art Kunst und Können, wie ein Instrument spielen, Dinge aus mehreren Perspektiven, Betrachtungsweisen, Werten und Orientierungen und mit der Kenntnis unterschiedlicher Schulen betrachten und für sich selber einordnen zu können. Man muss das nachher nicht für sich annehmen - aber unterscheiden sollte man es können, um etwas freier entscheiden zu können. Denn sonst folgen Sie unbewusst nur dem Algorithmus, der in uns allen bloss rechnet.

Die Frage, zumindest für den Coachingansatz steht also zuerst:

Mögen Sie überhaupt nachdenken? Und können Sie das?
Und angenommen Nein, was schafft das für eine Situation?

Dass ich annehme, was ist, ist schon richtig. Aber neben den Klienten und Klientinnen, die so sind, wie sie sind, ist das Nachdenken ebenso ein Vorhandenes - und ebenso sein zeitlich ganz Eigenes. Danach sind wir dann schon bei der Philosophie - dem schier Ewigen.

Man muss die Frage annehmen und sich ihr stellen, denke ich: Hat jemand nachdenken gelernt - in seinem Leben schon erfahren?

Das ist keine Vermessenheit, das ist wertfrei und damit bedenkbar.  Oder möchten Sie mit falschen Vor-Gaben als Klient - da falsch "angenommen" - ver'kannt werden?



09.02.18

Coach werden - Zwischen "Schein" und Sein

In den letzten Jahren wollten viele Coach werden und haben Ausbildungen absolviert. Nun sind viele als Coach zertifiziert. Sonst passiert nicht viel.

Ich schreibe meine folgenden Gedanken aufs Coach-Werden und Coach-Sein hin, aber natürlich kann ich das für viele andere Menschen, die der Selbständigkeit ihr UnternehmerInnentum schulden aufzeigen und beschreiben:

... der Selbständigkeit das UnternehmerInnentum schulden ... 


1: Man/Frau möchte Coach werden
Okay. Sie wählen eine Ausbildung und absolvieren diese. Nun sind Sie zertifiziert, haben aber einen Teil des Rückhaltes von Lehrcoach, Trainern, der Lehrgruppe verloren. Vielmehr stehen Sie Erwartungen Fremder gegenüber, die Sie meist nicht wirklich zu erfüllen vermögen. In Begegnungen steht eher noch eine Hypothek mehr in Ihrem Leben. Das beschreibe ich mal so, um zu dramatisieren. Ich nenne es den Gap zwischen "Schein" und Sein. Wie Sie das Wort 'Schein' lesen, muss nur Sie beschäftigen.


2: Sie schulden Ihrer Selbständigkeit das UnternehmerInnen'tum
Damit aus dem fachlichen Coachingpaket von Haltung, Verständnis, Werten, Profil und Methoden nun Geld wird, wird Ihnen gewahr, dass neben dem wohlfühligen Zuwenden als Coaching UnternehmerInnentum eine ganz andere Kondition darstellt. Ein massives Paket an  Format, Wissen, Rechten, Pflichten, Belegen, Dokumentationen, Dokumenten, Digitalem, Geistigem Eigentum, Marken, Brands, Webadressen, Impressi, Programmen, Social Networks, Kontakten, Abgrenzungen, etc. etc. etc. - Das meiste davon frisst erst einmal Geld. Gut, das hat die Ausbildung auch getan. Was sich aber noch nicht bewahrheitet hat:
- Sie haben noch Euro 0.-- als Umsatz erarbeitet, Sie haben damit null Erfahrung
- Oder Sie haben doch 300.-- bis 2000.-- Euro erwirtschaftet, was ja kein Gewinn ist
- Und selbst wenn der Betrag höher liegt, die investierten 10'000.-- bis 20'000.-- haben Sie nicht rekapitalisiert. Kein Return-on-Invest, auch keiner in Sicht.
- Und schweigen möchte ich von den Opportunitätskosten, welche Sie in den letzen sechs Monaten an verpassten Einkommen in Ihrer Lage erzeugten. Rechnen Sie einfach, Sie hätten die letzten sechs Monate netto € 3000.-- auf dem Konto gehabt, plus Ihre Steuern bezahlt, die Krankenkasse wäre gedeckt, etc. etc. Hier fehlen innerhalb von nur sechs Monaten nochmals 25'000.-- Euros. So teuer war Ihr UnternehmerInnentum schon.

Sie MÜSSEN (es gibt hier kein SOLLTE, und schon gar kein ENDLICH). Sie müssen UnternehmerIn sein. Sie müssen ein Unzahl neuer Gefühle und Ängste übergehen, Dinge, vor denen man sich sehr oft sein Leben lang bewahrt hat. Ein Beispiel: Sie möchten Ihre privaten Angaben nicht publizieren, sich etwas bedeckt halten. Ja, aber in jedem Impressum hat Ihr Name, Ihre Adresse, haben Ihre persönlichen Kontaktdaten, Telefonnummer und eMailadresse zu stehen. Sie müssen sich rechtlich nackt und greifbar machen. Das tun die Telekom-Vorstände auf Ihrer Handyrechnung auch, sonst schauen Sie ganz unten auf der Rechnung.



Und damit sind wir beim dritten und mE wesentlichen Punkt:

3: Sie müssen Farbe bekennen - oder: Welche Hemmungen verhindern Sie?

  • Ich kann nicht aussprechen, wie meine Firma heißt ...
  • Ich mag niemandem sagen, ich sei Coach
  • Ich getraue mich nicht, den Preis für die Stunden zu sagen ... 
  • Ich wage mich nicht, die Person in diese Räume einzuladen ...
  • Mir fehlen Methoden, Kenntnisse, ich bin nicht gut genug ...
  • Nee, ins Internet mag ich nicht ...
  • Facebook, bloss nicht ...
  • Jaaa, ich bin bei XING, aber ehrlich, ich mag da nichts schreiben ...
  • Ich finde es ja soo schwierig, etwas über mich selber zu sagen / texten
  • Ich kann doch diese nicht / doch das nicht / doch jenes nicht / ...
  • Das würde ich mich erst recht nicht getrauen ....
  • Du meinst, ich sollte zu dem Thema einen Vortrag halten? Nie im Leben! ...
  • Ich kann doch nicht 150.-- Euro die Stunde nehmen ...
  • Von Internet / eMail / Website / Domains etc. habe ich keine Ahnung
  • Die Bilder vom Smartphone hat immer mein Mann am Computer bearbeitet
  • Ich will meine eMailadresse bei web.de oder gmx.de nicht wechseln, dann verliere ich ja meine Kontakte
  • Ich will gar nicht felixmuster@beispiel.de als eMailadresse notieren, dann wissen ja alle, dass ich eine Webadresse habe. 
  • Ich bräuchte ja dann eine Website - und was schreib ich da hin?
  • Wie, ich soll die Kundin mahnen? Das kann ich nicht. 
  • Es ist mir immer schon schwer gefallen,  'Nein' zu sagen ...
  • Ich habe ja soo Angst ...
  • Ich schäme mich, ob diesem / ob anderem / ob jenem / ...
  • Ich kenne ja niemanden ... 
  • usw. usf.


Das sind HEMMUNGEN. 


Das ist kein Nichtwissen!
Das ist nicht unüberwindbar!
Das sind keine Argumente etwas nicht zu tun!

Aber es sind menschliche Hemmungen. Banale Hemmungen, alleine den Mund schon nur aufzutun. Oder jemandem in die Augen zu schauen.

Man muss für die Punkte 2 und 3 Verständnis haben. Jedenfalls für den Menschen, der darin steckt, obwohl dieser sich als 'Zert. Coach' ausweist. Und ob man selber davon betroffen ist, also genau in dieser Situation steckt oder ob man jemanden kennt, dem es so oder ähnlich gehen könnte, es ist ok.

Aber damit zwischen der Dienstleistung der coachenden Zuwendung und dem abzurechnenden Geschäft so langsam Euro für Euro der Geldfluss wächst, müssen viel mehr als jede Coachingkompetenz Standhaftigkeit und konsequente Handlungsbereitschaft (über sich und seine Gefühle hinweg) in Selbständigkeit erfolgen.

Sie MÜSSEN. Sie müssen sich einstellen und bereit sein, sich für die Rolle der Unternehmerin, des Unternehmers herzugeben, mit allen Schweissausbrüchen und Zitterpartien. Es wird sich dann schon einspielen, Sie werden erfahrener. Aber Coach werden heißt, Unternehmerin, Unternehmer zu werden. Selb'Ständige eben.
Und das ist hier keine Predigt oder ein Jakobscher Imperativ. Das ist viel grösser und von allgemein geistiger Gesetzmässigkeit:

Das ist Gesetz - Systemisch inhärentes Naturgesetz! BWL!


Was ist mir wichtig: Ihre Hemmungen
Hemmungen stellt man nicht einfach ab. Hemmungen sind ein allzumenschliches Thema, von der Selbstdarstellung, über Intimes, bis hin zum Geld, die Familie und Krankheit wie Tod. Hemmungen sind schützende Konditionierungen.

Wenn diese Sie verhindern, fragen Sie einen Coach.

Wenn Hemmungen Sie als Unternehmerin, als Unternehmer, als StartUpper, als Franchisenehmerin, als Selbständige und Geschäftende oder verantwortliche Führungsperson verhindern, behindern, verzögern, beklemmen, verunmöglichen - fragen Sie einen Coach.

Ist der unabhängig und sicher genug, weiss dieser, was er mit Ihnen schaffen kann - und wann es allenfalls auch etwas Therapie braucht (nicht mehr sein Kompetenzbereich - also ab zum Therapeuten: für Ängste / Phobien zum Beispiel). Aber wenn Sie Hemmungen wie Richard Gere haben, zu tanzen, dann gehen Sie zu einem Menschen, der Sie in seinem Vermögen einfach annimmt. Aber ändern Sie sich. Sonst fragen Sie Stars nach Lampenfieber ... - die haben noch nach 30 Jahren Lampenfieber. Dann wird man eben professionell.

Hemmungen machen UnternehmerInnenhandeln nicht zu selten so kaputt, dass nichts wird, oder das Ergatterte doch untergeht.

Und bei allen Coaches, die von Erfolg, vom Glück, vom Leistung und Optimierung Ahnung und Kompetenzen haben - für Hemmungen suchen Sie sich besser einen Coach, der vom Menschlichen, von Schwächen Ahnung hat, allein weil er sich selber hierfür nicht schämt.

Danke.