01.07.19

Wenn dich deine Haltung fest und fern hält.

Es ist im Verlauf von wenigen Jahren nun ein zweites Mal geschehen und zuerst wusste ich gar nicht, was mit mir passiert. Beide Male wurde ich in eine Gesellschaft eingeladen, sagen wir mal mit je 120 Leuten. Der Anlass war beide Male auf drei Tage angesetzt. Die Anlässe waren unterschiedlicher Art, einmal war es Fortbildung bzw. Persönlichkeitsentwicklung, das andere Mal war es ein Fest.

Bei beiden Anlässen fuhr ich hin, fand keine Ruhe, geriet in eine Art Bestürzung und entschied mich trotz hoher Seminarausgaben bzw. vieler Kilometer Autofahrt abzubrechen und den Ort zu verlassen. Bloß weg hier ... beide Male war ich erleichtert, einen Raum verlassen zu haben.

Beide Male gab es in mir kein Gefühl der Ablehnung oder Bewertung dessen, was vorhanden war. Ich steckte einfach in einer Situation, der nichts vorzuwerfen ist. Die Sache bleibt, wie sie ist. Dennoch hatte ich das Gefühl, in etwas zu ertrinken, unterzugehen.

Bei beiden Anlässen brauchte ich mehrere Tage, mir den Dunst von der Haut zu waschen, als steckte mir das Moment wie ein Odeur noch in den Poren meiner Haut.  Und ohne Vorwurf, das kann ja mal passieren. Ich wollte nur verstehen, was geschehen war und was mich wie eine gestochene Tarantel reagieren ließ - Was war?

Es gibt für mich seit meiner Kindheit Momente
- in Cliquen
- in Discos
- in Meetingräumen
- in Besprechungen oder Verhandlungen
- in Gesellschaften
- in (XING)-Gruppen
- in Verkaufsveranstaltungen
- in Events
- in Unternehmensvereinigungen (z.B. Franchisingsystem)
- in Instituten der Erwachsenenbildung
- in Clubs
- etc.

... wo das Gefühl in mir hochsteigt, für etwas VEREINNAHMT zu werden, was ich aber nicht merken soll. Die Situation an sich versucht - ob unbewusst anberaumt, oder schweigend geduldet oder sogar perfide so geplant - "mich zu  kaufen". Ich soll mich wo anschließen. Ich soll wo "mitmachen". Alleine schon, ich soll wo den Mund halten, was für mich ein Legitimieren der Zustände bedeutet. Mitgegangen, mitgehangen. Ich möge BITTE den Kakao schlürfen, durch den man mich ziehen will. Ich soll gute Miene zu einem verwerflichen Spiel machen. Ich soll mit leerem Kopf abnicken, was doch ein Leichtes sei.



Haltung kommt von Halten oder schlicht "Halt!"
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Nein. Geht nicht. Nicht bei mir. Ich trinke diesen Kakao nicht, liebe Gruppe ... keine Ahnung, was euch veranlasst oder treibt, aber mich kriegt ihr hier nicht.

A) Nicht weil ich schlauer wäre oder freiheitsliebender -

B) Nein, ich kann schlicht nichts mehr für euch tun, wenn ich gekauft wurde. Meine beratende Aufgabe wäre futsch. Ich kann dann noch die Küche machen, aber das ist nicht, wofür ich Coach geworden bin.

Wer mich über viele Jahre persönlich kennt würde vermutlich bestätigen, dass ich ein untrügliches Gespür dafür habe, wenn wo etwas unterwandert werden soll. Bei zwei größten wirtschaftlichen Verknüpfungen folgte die Frage: "Das hat doch Sektencharakter - oder?" ... und ja, es zeigten sich dann die Organisationsstruktur, die Mechanismen, der Umgang mit den Zugehörigen und den Abtrünnigen. Später sollten es Gesinnungen sein, Denkhaltungen, die ich nicht annehmen mochte.

Ich bin kein widerspenstiger Hund. Aber ich bin auch nicht benebelt, mich wo unreflektiert bzw. ohne jedes eigenes Bewusstsein und verantworten meines Handelns anzuschließen, nicht einmal in rührige Clubs für Empfehlungsmarketing.

Die Vereinnahmung kann sowohl an Fussballspielen wie an Motivationsevents entstehen - habe vor Jahren bewusst Höller getestet und es geschlagene 40 Minuten ausgehalten, dann war ich dort weg. Es war ja mein Experiment, welches ich verantworte.

Denn es war niemals der genannte Star-Trainer vorne auf der Bühne, der mich bedrängte oder der in ungehöriger Manier versucht hätte, mich zu beeinflussen, ... NEIN, es war sein Publikum. Die Gruppe. Die Gefolgschaft. Das Unreflektierte FOLGENDER HEER'Scharen, irgendwie Soldaten. Schafe.

Ich fliehe aus Situationen, in denen Umstände dazu führen, dass ich mich nicht erwehren kann, selbst mit der kleinen Geste eines gemeinsamen Bieres, von jemandem "PER SCHULTERSCHLUSS VEREINNANAHMT ZU WERDEN". Wenn ich dann merke und empfinde, alleine durch meine (schweigende) Anwesenheit etwas zu legitimieren, was ich für mich ablehne - bin ich weg. Ich dulde nicht.

Sie dürfen meinen Beitrag weiterhin nicht lesen, als würde ich dem Außen einen Vorwurf machen - geht doch nicht. Das Außen, die Menschheit, ist so vielfältig wie sie ist. Sie kann weltweit grausam sein, das war immer so.

Was ich aber durch meine Flucht und damit mit meinem Distanzieren versuche zu retten, dass ist fast so wie ein U-Boot zu verstehen, auf dem in der Tiefe zu viel Wasserdruck lastet und es Gefahr läuft, zu zerbersten. Mit meinem Distanzieren rette ich MICH - nichts weniger. Ich bin das ganze U-Boot, mit allem, was mich ausmacht. Ich mag nicht zerdrückt werden.

Hätte ich keine konsistente Haltung, vom Vater schon ohne Zweifel anerzogen, durch die Jahre trainiert und bei allen bitteren Konsequenzen unbeugsam als UNABHÄNGIGKEIT herausgebildet, sonst fragt gerne meine Millionärs-Ex-Schwiegereltern, wäre ich kein Coach geworden.

Als Coach darf man sich nicht kaufen lassen. Zu nichts. Nicht einmal ansatzweise.

Als ich 1997 meine Selbständigkeit gründete, damals noch in Zürich unter der Bezeichnung 'Consensus Marketing', notierte ich in meine Papiere folgende Zeilen:

Jona Jakob, 1997, zur Geschäftsgründung

Neutralität 
hat nicht zum Zweck,
sich überall andienen zu können.
Beratende Neutralität hat zum Zweck,
die notwendige kritische Distanz zu wahren.
Ähnlich der Umgang mit der Schweigepflicht -
Sie sollte aus einem erkennbaren Profil
des Beraters erwachsen.

Jona Jakob

Ich bin meinem eigenen Radar an Gefühlen und Spürsinn dankbar. Immer wieder.

Und nun wünsche Ihnen gute Verhältnisse und frische Luft zum Atmen.

Herzlich
Jona Jakob
humannessCoach.de | .ch