17.02.19

Das Selbst verwirklicht ... (Reflexion)

Man sagt zum Tod, jemand wäre nie so ganz gegangen.

So könnte zum Leben gesagt sein, man erreiche seine Sache auch nie so ganz. Dennoch meine ich, man sollte dem Erreichten gebührend Platz schenken, es im Leben in den Vordergrund stellen und selbst'bewusst leben.

Seit Wochen beobachte ich mein Sein und Tun und muss sagen, was ich verrichte, arbeite, etabliere ... und auch - last but not least - was ich alles lasse, also nicht mehr tue, das subsumiere ich unter meinem Fühlen und Verstehen von 'Selbstverwirklichung' in der Maslowschen Pyramide der Grundbedürfnisse.

JJ im Kunstwerk 'Trinkhalle' von Martin Abb, Aschaffenburg, 2017.

Ich bin 56, arbeite noch 10 oder 15 Jahre, lebe mit meiner Liebsten in einer tollen Wohnung und habe Aufgaben zu erfüllen, die man getrost mit "dem Schleck" aller Arbeiten bezeichnen darf, denn ich darf so richtig und wirklich 'Dürfen'.

Coach zu sein ist schon so eine Erfüllung. Und seit einigen Monaten bin ich beauftragt, aus der Position einer Geschäftsstelle nach innen und außen Dinge zu realisieren, für die Bedarf besteht. Ich darf dabei netzwerken, Gespräche führen, ordentlich zu Tisch sitzen und bereise mein Bermuda-Dreieck zwischen Frankfurt, München und Zürich.

Abgesehen davon, dass ich arbeitend meinen Lebenserhalt damit verdienen kann, Dinge zu tun, die einen Sinn ergeben und meine ganze Person sowohl einladen als auch fordern, fallen dabei unzählige sättigende Gespräche ab, Handshakes, Verständnis. Das geht nicht ohne storming und norming, es reibt sich das Ganze immer wieder, nervt auch, aber das macht es auch tiefer und fetter.
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Man könnte mit der Selbstverwirklichung den Gedanken verbinden, man sei wer geworden. Vielleicht ein Star, ein Super-Coach, ein Businessleader oder Autor - eine Erfolgreiche bzw. ein Erfolgreicher. Dies ist aber nicht mein Bild von der Selbstverwirklichung.

Mein Bild fängt da an, wo ich mit ca. 45 Jahren erkennen musste, gar kein Alpha-Typ zu sein, obwohl ich und viele andere mir das zuschrieben und heute noch zuschreiben. Ich wirke im Außen so alpha. Aber in Wahrheit bin ich ein Alpha-Beta und damit ein Beta. Ein gehöriger, das mag sein, aber ein Beta. Die Frage hierzu lautet: Bin ich König oder Königmacher? Und ich war mein Leben lang, schon als junger Bub, ein Königmacher. Dieser Faden zieht sich durch mein Leben, der ist unterdessen ein Tau geworden, nicht ganz billig und anstrengend bis herausfordernd alleweil noch. Denn auch als Königmacher bin ich (erneut) ein Macher.

In meiner als Kind angelegten Persönlichkeit bin ich "gebaut", Dinge zu BILDEN. Menschen, Projekte, Produkte, Dienstleistungen, Lehreinheiten, Persönlichkeitsentwicklungen, etc. etc. etc. - mein zentrales Können liegt darin, Kompetenzen, fachlich-, menschlich- und auch mental so zu vereinbaren, so dass sich etwas BILDET. Es wird. Es gedeiht. Entsteht. Kommt voran.

Wenn ich beschreibe, meine Selbstverwirklichung erlangt zu haben und darin wirksam sein zu dürfen, dann meine ich damit, mit Gedanken, Wünschen, Bedürfnissen, Menschen und Dingen mich auseinandersetzen zu können, aus denen/dem etwas werden soll. Wenn das mal schlicht nicht "leider geil" ist?
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Diesen Beitrag verfasse ich nicht um zu bluffen oder mich sonst wie hervorzustellen. Der Beitrag sagt schlicht danke, es freut mich riesig. Denn bei allem Erfolg liege ich auf den letzten 20 cm des 1-Meter-Messstabes. Meine Gesundheit ist ganz leicht aber konkret angeschlagen und die Erfahrung, an einem Tag vor einem Jahr nicht gleich gestorben zu sein, sensibilisiert mich in der Frage. Ich bin ganz klar endlich, was also habe ich in dieser Welt getan, geleistet, erreicht, was ist der Mich-Anteil, die JJ-Note an meinen Geschichten? Habe ich eine und wenn ja, welche soll das sein, so dass ich das von mir selber äußern mag?

Etwas in Bewegung und Entwicklung zu bringen ist vielleicht mein Funksignal in allem Getöse, meine Duftnote. Und ganz eindeutig: Diverses Scheitern waren wichtige Lernschritte. Ich scheiterte unzählige Male, bis hin zu ganz bitter und böse. Das zählt aber nicht. Was zählt ist, dass ich noch im Spiel bin - immer noch. Manchmal erstaunt mich das selber :-)
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Ein zufälliger Umstand lies es letzte Woche dazu kommen, dass ich seit wenigen Tagen den Existenzialismus erklären kann. Einfach so. Ich hab es drauf. Cool. Damit ordnet sich der Humanismus endlich wo ein und wer noch an Gott glaubt, auch mit diesem "Schachzug" weiß ich nun mehr anzufangen. Ich kann der unbeantworteten Frage nach dem Sinn des Lebens, die wegen des 'Absurden' (Camus) niemals eine Antwort erhalten wird, eine Antwort geben, wozu es gut ist, keine Antwort zu finden. Boah, Leute, das macht mich seit einigen Tagen ein gutes Stück vollständiger, ob rückblickend in meinen damals nicht beantworteten Anliegen und Entscheiden, wie in meiner heutigen Haltung, in der ich mich richtig angelegt fühle.

Die Frage, gerade als Coach, ist nämlich: Worauf fußen Sie?

Und ich kann für mein Wesen hierzu eine klare Antwort geben. Das verwirklicht mich enorm. Dazu passt es zu all dem, was ich anstrebe, packe, begleite, verfolge, anstoße oder zumindest mit der Frage ins Auge fasse: Was bewegt?

Ankommen, wo man sich selber spürt, ist wie wenn ein ewig leeres Hungergefühl plötzlich weg ist. Wenn ich das nun bis zum Ableben für mich erhalten kann, Form meiner 'Gartenpflege', dann werden das sehr tolle Jahre. Und wäre ich halt morgen fort, ich wäre heute noch angekommen, Heidegger erfüllt mit seinem Satz vom 'Sein zum Tode' - ich BIN oder WAR dann mal. Das fühlt sich vielleicht gut an, ich sags euch ...

Und Sie, was würden Sie von sich sagen mögen? SIND Sie? Oder eher kaum?

jonajakob.com

Eben: John Coltrane - I'm old fashioned / .. und Abdullah Ibrahim (Dollar Brand) mit 'Chisa'.

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