21.12.15

Wann genau entwickle ich mich nachhaltig?

In diesem Blog gibt es zwei vorangegangene Beiträge, welche die folgenden Betrachtungen unterstützen:

a) Ungeduld ignoriert die Mittel zur Erreichung von Zielen:
Beitrag in diesem Blog 'Geduld'

b) Selbstwerdung durch eigene Antworten
Selbstwerdung durch eigene Antworten

Bei einer genaueren Beobachtung der Coachingverläufe (Phasen der Zusammenarbeit und Verblieb), zeigten sich Erscheinungen von

  • eilig
  • kürzer
  • weniger Zeit = Honorar
  • gute erste Gefühle genügten
  • keine Zeit nochmals zu kommen
  • Aufwand wird gemieden
Diese Beobachtung zeigen uns menschlich, sachlich, vernufts- und nutzenorientiert. Ich will das an dieser Stelle auf keinen Fall bewerten - ich möchte es festhalten, um die Betrachtung um weitere Gedanken ergänzen zu können.

Was geschieht?


1. Phase: Fragen:


Klienten wenden sich mit ihren Anliegen an einen Coach. Sie möchten Ungeklärtes per Coaching klären. Sie ergreifen die Initiative und nehmen mit einem Coach Kontakt auf, es kommt zur Zusammenarbeit. Dabei wird eher geäussert:

  • Ich habe ein Problem und weiss nicht weiter
  • Ich habe eine Unklarheit und kann mich nicht entscheiden
  • Ich habe eine verlorene Orientierung und weiss nicht, wonach mir ist
  • Ich möchte mal mit jemandem mein Thema besprechen
  • etc. 

Hinweis: Ich werde später erläutern, warum diese Äusserungen, welche das Anliegen ausdrücken, nicht wirklich ideal und nicht vollständig sind. Sie sind ein Anfang, sogar ein guter Anfang, aber in Wirklichkeit greifen sie mE ein wichtiges Stück zu wenig.

2. Phase: Verstehen:


In der Zusammenarbeit mit dem Coach ensteht, wenn es ideal läuft, ein Verständnis für das eigene Anliegen. Was zuvor noch unklar schien, wird erkennbar, nachvollziehbar, fühlbar. Man entspannt sich, fühlt, dass es gut ist, sieht neue Perspektiven und kann auch besser annehmen, was ist, selbst wenn es Schwächen, Missstände, Vermisstes oder Ungelöstes ist. Es ist, was ist. Gut so. Jedenfalls schon viel besser als zuvor.

Und an dieser Stelle geschieht dann gerne, was ich anmerken möchte: Die Klienten verabschieden sich. Wer oder was diese Verabschiedung hervorruft, ist vielseitig, kann von Coach und Klienten hervorgerufen werden, durch Abmachungen, Aufwandschätzungen, Geld- und Zeitnutzenrechnungen, whatever ... - und auch das bleibt unbewertet und ok. Man hat ja nun den neuen Durchblick und weiter geht es ... die meisten Klienten sind durchaus zufrieden und können nächste Etappen bewältigen. Aber meine Anmerkung geht dahin, dass hier ein grosser Teil der möglich erreichbaren Wirkung verloren geht. Was fehlt mir?

3. Phase: Eigene Antworten auf die Erkenntnisse bilden:


Im Grunde ist mit dem Verstehen bzw. dem Verständnis nur der erste Schritt des 'Erkennens' gewonnen. Man hat Erkenntnis gewonnen. Das ist aber nicht gleichzusetzen mit dem nun folgenden Bilden eigener Antworten, welche die Erkenntnis betreffen!

Damit ich mich bilde und meine Persönlichkeit sich manifest entwickelt, bedarf es zur neuen Erkenntnis der Antworten, Haltungen, Gedanken, Konzepte und Begriffe, die in der Situation FÜR MICH STEHEN:

  • Wie stelle ich mich dazu?
  • Was ist meine Antwort darauf?
  • Was ist meine Position dazu?
  • Wie geht es mir damit? 
  • Was ist davon meines, was schreibe ich anderem zu?
  • Was sagt mir das?
  • Wie reagiere ich darauf?
  • Wie macht mich das aus?
  • Wer bin ich nun damit?
  • Wie will ich zukünftig sein?
  • Wie will ich mich verstanden und gesehen fühlen?
  • etc. 

Um die Gegenprobe zu machen: Was geschieht, wenn ich mir auf die neue Erkenntnis keine eigenen Antworten bilde? Ich werde nicht wirklich jemand. Wie ist dieser provokative Gedanke zu verstehen?

Gemäss dem Johari-Fenster und der Theorie des Fremd- und Selbstbildes versteckt jeder Mensch einen Teil seines Wesens hinter einer Fassade. Das hat seine guten Gründe: es schützt uns und gewährt uns eine gewisse Deckung, was strategisch von Vorteil sein kann. So schweigen wir und geben uns nicht zu erkennen - eine ideale Strategie, möglichst jede Option erst zu prüfen und dann das Optimalste zu versuchen. Doch mit dieser Strategie entwickeln wir uns allenfalls zum erfolgreichen Opportunisten und Egozentriker, womit viele Karrieren steil verliefen. 

Doch wer Lust hat zu leben, sich zu sein, sich zu befreien und sich zu werden, statt einem 'Schnäppchenjäger', der leistet es sich, auf die Dinge in seinem Leben Antworte zu definieren, ob ausgesprochen, niedergelegt oder geschrieben verfasst. Solch ein Mensch wird erkennbar, transparent, authentisch und meist sehr souverän, da gelassen in sich ruhend. So jemand entwickelt Selbstführung und strahlt mit seinem Wesen auf andere aus - selbst wenn er schweigend nur dabei ist. 

Es ist ein ganz besonderes Vermögen, in einem Coaching statt der 2 x Fr. 500.-- dann 3 x 500.-- auszugeben, um beim dritten Termin und Nachmittag vorzutragen, was man aus den Erkenntnissen gewinnt, was man angenommen hat und was nun die eigenen Antworten wegen dem neuen Verstehen sind, bis hin zu konkreten Schritten und Massnahmen. MAN WIRD SICH. Man baut sich aus, wächst, entwickelt sich. 

Und last but not least: Wer auf diese Weise mit seinem Zugewinn an Erkenntnis arbeitet, wird auf aktuelle Fragen wie Flüchtlinge, Terrorismus, Gesellschaft, Politik, Weltwirktschaft und Kultur die Fähigkeit ausweisen, mit Menschen per Fragen und Antworten im Gespräch zu sein, nie Recht haben müssend, sondern stets interessiert daran, was Neues kommt und wie es dann damit zu leben ist. Solche Menschen entwickeln Format und legen Grundsteine. 

Klärung ist mit gewonnener Erkenntnis nicht wirklich vollendet, auch wenn sich das so anfühlen mag. Mit der Erkenntnis mag das Baumaterial geliefert worden sein, aber nun ist daraus heraus und auf diesem Boden das eigene Haus zu bauen. Wer also sein Coaching zum Abschluss wie mit einem Leverage-Effekt wirklich grossartig wirksam werden lassen will, der strebt nach der Erkenntnis noch eine Phase der Beantwortung an, die dem Coach vorgetragen und präsentiert wird. 

Hat man nach der Präsentation nicht einmal das Bedürfnis, vom Coach eine Bewertung zu erhalten, ist man mich sich ganz sich selber. Gratuliere, in dem Fall. 

Was also wollen Sie wirklich? 

Zürich Bern Frankfurt


08.12.15

Erst'mal jemanden haben, der meine Frage hören kann.

Ich bot jemandem an: "Frag einfach." Und die Person fragte zurück: "Was meinst du damit?"

Ob für mein Leben, meine Orientierung, meine Werte oder für meinen Entscheid, Coach zu werden, stellten sich mir über 40 Jahre eine Unzahl von Fragen. Was mir dann oft fehlte waren Menschen, die ich fragen konnte.

Mein Problem waren nicht die möglichen Kontakte, sondern dass ich das Gefühl hatte, die verstehen meine Fragen nicht, also kann ich die Antworten nicht verwenden. 

Mein Vater verstand mich. Und spinnerte Kollegen, Dramatypen, Menschen mit Künstlerseelen, die sich nicht ans normale Mass hielten. Und Intellektuelle wie einfühlsame Denker, die verstanden meine Gedankenwolken und Konstrukte auch. 


Es geht nicht darum, gleich Antworten zu erhalten.
Es geht im ersten Schritt darum, dass meine Fragen übernommen
und 'pur' als Fragen gefühlt, verstanden
und angenommen werden !!!



Daher war es schwierig 
  1. Fragen abgenommen und gehört zu bekommen, wo jemand darum ringt, meine Frage verstehen zu wollen;
  2. Fragen so gefeedbackt zu bekommen, dass ich spüren/prüfen konnte, ob meine Fragen vom Zuhörenden erst einmal richtig übernommen wurden – hat der Zuhörende meine Frage erfühlt, erspürt, verstanden?;
  3. Vom Zuhörenden dann Antworten oder neue Gedanken zu bekommen, die weit über meine Fragen hinaus gingen, so dass es mich anregte (Sog- und Zugwirkung)

Stellen Sie sich vor, die Frage sei ein 'Trinkglas' – dann kann jemand
  • keine Antwort liefern - das Glas bleibt vielleicht sogar ungesehen, unerfasst, leer, trocken
  • sofort eine Antwort liefern - die meist die Frage nicht im geringsten gehört hat
  • eine falsche Antwort liefern - man bleibt unverstanden zurück (mit den Jahren gekränkt)
  • eine Antwort liefern, die das Glas halb oder teilweise füllt. Das fühlt sich, da es anteil'weise passt, mehr wie eine bestätigte Vermutung an, Teil der eigens erdachten Antworten und Gedanken. Bestätigung ist gut, sie hilft. Aber sie nährt nicht frisch. Ist wie eine Konserve.
  • Die Antwort von wem anderem füllt das Glas. Das befriedigt schon gut. Nicht, weil man Antwort bekommen hätte, nein, was zählt ist, dass die Antwort dir die Berechtigung deiner Frage bestätigt. Die Antwort belegt, dass du nicht spinnst und es für deine mühsame Frage halt der raffinierten Antworten / Wissen / Konzepte / Betrachtungen bedarf - und bloss nicht jedweder bereits an der Stelle ist, nach so etwas zu fragen, als würden sich die meisten keine Gedanken machen.
  • Aber das Beste, was dir passieren kann, ist, wenn dir jemand Antworten oder Gegen- bzw. neue Fragen liefert bzw. stellt, die das Glas verunmöglichen, ja es implodieren oder explodieren lassen, die eine andere Form verlangen, ein anderes Gefäss, eine andere Menge für die Aufnahme von etwas, etc. … erst bei diesen Antworten fängst du als Mensch an, Neuland deiner Persönlichkeit zu schöpfen, zu explorieren - und dich weiter zu entwickeln. 
Was ich abschliessend nochmals bewusst machen möchte: Es ist noch nicht wichtig, ob jemand Antworten hat. Wichtig ist, dass jemand die Frage richtig annehmen und in sein Suchen, Versuchen und Denken reinnehmen kann. Das ist ein erster, aber vielleicht der wichtigste Schritt. Noch keine Antwort - nur verstanden gehört werden, nur angenommen gehört werden, nur möglich denkbar gehört werden. 

Und allein DAS zu können, jemandes Frage hören und annehmen und als Frage erst verstehen, das ist mE eine Kunst - eine der grössten!

Wer vermag dich zu hören, so dass deine Frage deine Frage bleibt?

Herzlich

Jona Jakob

consensus-coaching.com
Zürich Bern Frankfurt


03.12.15

Sein Leben "auf die Reihe" kriegen kann langweilen

Coachingform: Personal Coaching
Thema: Chaotische Lebensentwürfe oder krisenbelastete Phasen
Ziel: Sein Leben auf die Reihe kriegen

Personal Coachings werden gerne dann gewählt, wenn man den Wunsch hat, sich mit seiner Situation jemandem anzuvertrauen, schnell, kurz, bezahlend. Denn man hat ein ganz "spezielles Leben / oder Jahre" hinter sich und möchte wegen der eigenen Misere ein Zeichen setzen, "endlich etwas zu tun" und sein Leben auf die Reihe kriegen.

Aber was ist die Situation?

Da gibt es unzählige Entwürfe und Situationen, Angestautes und Ungelöstes. Es gibt Schicksale, Krisen, Einbrüche, Unfälle, Rückschläge und Handicaps. Es gibt Verluste, Krankheit, Traurigkeit und Schmerz. Es gibt unzählige Versuche, Neustarts, Beratungen und wiederholte Anläufe. Und meist sind darob 10 - 30 Jahre verflossen. Man ist 35 oder 45 oder 55 ... und nichts klappt mehr. Nun soll ein Coaching es richten.

Erstens: Jedermann und -frau bleibt ob der persönlichen Situation OK! Es geht bei der Betrachtung weder um Gut oder Schlecht, um Richtig oder Falsch, um Schuld oder Unschuld. Um das geht es beim besten Willen nicht. Alles ist OK und es ist unbewertet, wie es ist.

Wer jedoch in einem Coaching eine mögliche Stärkung oder sogar Überbrückung seiner Situation sieht ("ich möchte es endlich schaffen"), für den gibt es eine grundlegende Wahrheit, die ich hier aufzeigen möchte:

Das eigene Leben auf die Reihe bringen, bedeutet: es "auf-die-Reihe-bringen!" 


Was will ich zeigen?

Nicht zu selten haben Menschen mit problembelasteten Lebensläufen ganz spezielle Erfahrungen im Verlauf der Jahre gesammelt. Das will ich hier niemandem unterstellen, wer sich aber doch so etwas eingestehen müsste, der soll nur in ein Coaching kommen, wenn ein Bewusstsein in den folgenden Punkten da ist und wahrgenommen wird.

Normales Leben, also krisenfreies Leben, ist eine ganz normale Sache. Nichts geschieht, Alles läuft. Leben vollzieht sich ohne jeden spektakulären Anteil. Und das kann gegenüber anderen Erfahrung richtig langweilig sein. Es ist vielleicht bünzlig, stupende, unspektakulär, simpel und bescheiden. Das ist nicht negativ bewertet, aber es ist zu fühlen. Zu fühlen gegenüber den Krisenzeiten und der Prügeljahre, in denen man nämlich Expertin und Experte im Überleben wurde.

Man ist ein SURVIVOR, eine GRENZGÄNGERIN oder wie ich es für mich formuliere: er oder sie wurde in seinen/ihren Künsten NEBENHÖHLENEXPERTE/IN.

Man hat, hier genannte Beispiele, seit vielen Jahren  richtig Ahnung in

  • Geldgeschichten, Krediten, Umschuldungen, Privatdarlehen, etc. etc. 
  • Finanzjonglierereien mit dem Arbeitsgeber, Vorschuss, Arbeitslosengeld, Stütze, Krankenkasse
  • Alkoholkonsum, Alkoholtrinkgründen, Alkoholentschuldigungen, Alkoholverstecken, etc. 
  • Medikamenten, Ausreden, Beschwörungen, Krankheitstagen, Abwesenheiten, Quellen
  • Drogen, Dealern, Telefonnummern, Kollegen, Beschaffung, Konsum, Täuschung, etc. 
  • Drama, Jammern, Lüge, Geschichten, Ausreden, Beschwörungen, etc. etc
  • und man hat enorm Ahnung in FLUCHT, nämlich in seine Nebenhöhlen des Lebens

Fluchtpunkte in Krisen, Bereiche an Lebenserfahrung

Man ist dort wirklich Expertin bzw. Experte. Denn in diesen Nebenformen von Leben, den Auswüchsen und Fluchtmöglichkeiten braucht es Fachwissen, Spezialistentum. Man ist darin echt versiert, aufmerksam, agil und raffiniert.

Und es ist spannend, total spannend. Viel spannender als des normale Leben. Es geht stets ein THRILL davon aus, Stoff für Sensation Seeker, Adrenalin für Junkies, Cracks, Freaks und alle, die alles sein wollen, nur nicht "normal".

Schmeisst mich der Vermieter noch nicht raus? Merkt die Krankenkasse nicht, dass ich schwarz arbeite? Sieht mich wer, wenn ich zum Dealer radel? Krieg ich noch keinen Krach, wenn ich das Geld nicht wie versprochen und vereinbart abliefer? Kann ich mich ohne Ärger von der Arbeit drücken? Blau machen?

Überall ist Spannung drin, überall bin ich Spezialist im Wagen, Versuchen, Lavieren und Jonglieren.

Macht das weiter, darüber hat mein Beitrag nicht zu richten. Worin die Binsenwahrheit meines Beitrages aber richtet, ist, ob es einen Sinn macht, in ein Coaching zu investieren, wenn man nicht bereit ist, die Gelassenheit eines normalen Lebens sich zu wünschen. Ruhe. Normalität. Entspannung. Bestimmt, damit ist anfänglich Hygiene und Disziplin verbunden, aber die Freude eines geordneten Lebens und dessen Ausbaupotentiale, dessen Gesundheit und echten Kontakte etc., das können Qualitäten sein, für die es sich lohnt. Und wenn jugendlich nicht, dann doch ab einer gewissen Lebensreife, wenn es nur noch mühsam wird, im Schlamassel zu überleben.

Und ja, was man einst gelernt und antrainiert hat, das kann man viele Jahre später ohne grossen Aufwand reaktivieren. Man kann sofort wieder absaufen, versiffen, verschulden und alles fahren lassen. Das geht blitzschnell und ist ohne jede Rücksprache nur mit sich selber auszumachen. Die Kunst des eigenen Bewusstseins ist es aber, ob man bei Erkennen einer Not sich mit "Mitteln des normalen Lebens" beraten, ja vielleicht sogar helfen lassen will - oder ob man den Crack und die Expertin des Selbstbetrugs weckt und erneut in Nebenhöhlen abhaut.

Mir ist Leben weder fremd noch schamhaft. Deine Wahl soll durch meinen Beitrag nicht moralisiert werden. Mir ist mehr, dass ich es clever finde, was Bewusstmachung schöpft. Ich hatte Lust, das mal zu zeigen.

Herzlich

Jona Jakob ¦ Individuation
Zürich Bern Frankfurt

01.12.15

Coach zu sein, das ist gleich mal meine Zeit.

Eine Antwort im Sinn von "Ich hatte noch keine Zeit, die Unterlagen vom Seminar ..." löste in mir eine Reaktion aus, zu der ich meinen Beitrag schreiben möchte.

Denn mein erster Gedanke war: "Wenn du Coach werden willst, musst du dir deine Zeit nehmen und diese eigene Zeit einführen, festigen und bewahren."

Zeit frei zu haben und diese gegen alle Ansprüche Fremder durchzusetzen, ist von jener Art, wie wenn ich als Coach im Vorgespräch entscheide, ob ich die anfragende Person für ein Coaching annehme oder nicht. Es geht dabei um nicht weniger als

  • mich frei zu halten, weil das ein Teil meines Angebotes 'Coaching' ist, frei zu sein
  • freie Zeit als eine zentrale Kostbarkeit zu verstehen, ob ich 'arbeite' oder 'es nicht so aussieht'
  • freie Zeit als eine Geld- und Wertsache fürs eigene Coachingangebot durchzusetzen

Wenn ich Coach werden will, gilt es, den eigenen Kindern, dem eigenen Partner, den Eltern, Freunden, Nachbarn, dem Verein und auch möglichen und aktuellen Kunden erkennbar und respektierbar zu machen, dass ich mein Umgang mit meiner (Coach)-Zeit selber definiere und durchsetze - und dass das mit dem, was gemeinhin als Aufmerksamkeit für andere gemeint und verstanden wird, wenig zu tun hat. Und ja, anfänglich und auch später: immer wieder führt das zur Ablehnung meiner bewussten Haltung, da ich ja nicht sofort reagiere. 

Die Kunst, sich seine Zeit und Arbeit zu erhalten - egal was alles ich in meiner Coach-Zeit tue - ist mE eine Grundvoraussetzung, zwischen sich selbst (als Coach) und ALLE ANDEREN jene Distanz zu etablieren, jene Nichts-Zone, eine Art Niemandsland, die es braucht, weder durch Fremdes und Beeinflussendes, ja gar Rufendes, vereinnahmt zu werden. Es ist ok, nach mir zu fragen, aber es bleibt dabei, dass es einen Moment dauern kann, bis ich antworte und auch ich dabei ok bleibe. 

Damit meine ich, dass man als angehender Coach anfangen sollte sich zu achten, dass mit den Lerntagen die Zeit meines Coachwerdens nicht abgeschlossen ist und ein mögliches schlechtes Gewissen wegen des Wochenendes im Seminar (Abwesenheit gegenüber den Liebsten) mich nicht in die alte Position drängen darf. Nein, Coach zu werden bedeutet, nach dem Lern-Weekend von anderen zu verlangen, mir auch noch die nächsten Tage zu gewähren, in denen ich meiner Nacharbeit nachgehe, weil sie keine Nacharbeit ist, sondern meine Arbeit als Coach. Das mag neu sein, aber das ist nun so. 

Erneut: Es ist eine Art, anderen in Ihrer Ungestümtheit zu vermitteln: "Nein - nicht so!"

Wenn wir die Umrandung von Parkfeldern respektieren oder "Dein Bac - mein Bac" oder "Aus" im Fussballspiel, wenn wir 100 Euro für 100 Euro verstanden und respektiert haben wollen, wenn wir beim Einkauf uns auf Cent-Preise achten, dann sind wir durchaus in der Lage, selbe Grenzen und Formate, Rahmen(bedingungen) und Wertvorstellungen für die ZEIT, den WERT und die ARBEIT als (angehnder) COACH zu etablieren, 

Ich gebe Ihnen Recht: Das ist enorm schwer, den anderen diese neuen Grenzen aufzuzeigen und sich damit den eigenen Entwicklungsraum zu schaffen - was auch meint, alten Wildwuchs einzudämmen. Aber gerade darin liegt jenes "magic", dass sich so viele NUR ZU ERKAUFEN wünschen: Für sich selbst Wirkendes zu schaffen. Wirkendes ist nicht kaufbar.

Denn vielmehr, als dass ich meinen Nächsten beibringen muss, meinen Zeit'Raum zu respektieren, in dem diese erst einmal weniger von meiner Präsenz erhalten (dafür in neuer Qualität), muss ich dieses Selbst'Verständnis FÜR MICH etablieren. DAS ist der Knackpunkt dieses Bewusstsein.

Es ist so simpel, da über mehr als 20 Jahre anerzogen, beratend und mit etwas Helfersyndrom der oder die "Geliebte" zu sein, in dem man immer und sofort für alle anderen da ist und für sie noch vorausdenkend sorgt. Aber die Aufgabe und Position eines Coachs ist die, darin verstanden zu werden, dass wenn von mir mein Nein ausgeht, ich allen WERT IN DIR bewahre und schöpfe. Mein Nein ist nämlich keine Ablehnung, sondern ein Bewusstmachen DEINER, MEINER und ALLER ANDEREN WERTE - wir brauchen hierfür nur einen anderen Zugang als den alten, der da meint, man könne mal so einfach alle Zäune eintreten. Das mag weitum so zeitgemäss und die "Regel" sein, aber fürs Coachsein kann das niemals die Regel werden, im Gegenteil. 

Daher, schaffe dir deine Zeit. Denn wenn du das vor dir selber nicht schaffst, weil andere dich - oder gar du dich selbst - drücken, mit welcher inneren Stärke und Qualität willst du dann einem Coachee das zu Spürende und Fühlende vermitteln, an seine eigenen Ideen zu glauben, an sich und seine Entwicklung? Wie willst du (Caoch) sein, wenn du dich selber nicht hast?

Denn wenn mir jemand zu spüren geben kann, eigenen Raum, seine Zeit, ja seinen eigenen Garten erstellt zu haben, vermittelt mir das jene Botschaften, ich auch, ich könnte es schaffen. Da ist jemand, der mir das vorlebt. 

Mit besten Grüssen

Zürich Bern Frankfurt