08.12.15

Erst'mal jemanden haben, der meine Frage hören kann.

Ich bot jemandem an: "Frag einfach." Und die Person fragte zurück: "Was meinst du damit?"

Ob für mein Leben, meine Orientierung, meine Werte oder für meinen Entscheid, Coach zu werden, stellten sich mir über 40 Jahre eine Unzahl von Fragen. Was mir dann oft fehlte waren Menschen, die ich fragen konnte.

Mein Problem waren nicht die möglichen Kontakte, sondern dass ich das Gefühl hatte, die verstehen meine Fragen nicht, also kann ich die Antworten nicht verwenden. 

Mein Vater verstand mich. Und spinnerte Kollegen, Dramatypen, Menschen mit Künstlerseelen, die sich nicht ans normale Mass hielten. Und Intellektuelle wie einfühlsame Denker, die verstanden meine Gedankenwolken und Konstrukte auch. 


Es geht nicht darum, gleich Antworten zu erhalten.
Es geht im ersten Schritt darum, dass meine Fragen übernommen
und 'pur' als Fragen gefühlt, verstanden
und angenommen werden !!!



Daher war es schwierig 
  1. Fragen abgenommen und gehört zu bekommen, wo jemand darum ringt, meine Frage verstehen zu wollen;
  2. Fragen so gefeedbackt zu bekommen, dass ich spüren/prüfen konnte, ob meine Fragen vom Zuhörenden erst einmal richtig übernommen wurden – hat der Zuhörende meine Frage erfühlt, erspürt, verstanden?;
  3. Vom Zuhörenden dann Antworten oder neue Gedanken zu bekommen, die weit über meine Fragen hinaus gingen, so dass es mich anregte (Sog- und Zugwirkung)

Stellen Sie sich vor, die Frage sei ein 'Trinkglas' – dann kann jemand
  • keine Antwort liefern - das Glas bleibt vielleicht sogar ungesehen, unerfasst, leer, trocken
  • sofort eine Antwort liefern - die meist die Frage nicht im geringsten gehört hat
  • eine falsche Antwort liefern - man bleibt unverstanden zurück (mit den Jahren gekränkt)
  • eine Antwort liefern, die das Glas halb oder teilweise füllt. Das fühlt sich, da es anteil'weise passt, mehr wie eine bestätigte Vermutung an, Teil der eigens erdachten Antworten und Gedanken. Bestätigung ist gut, sie hilft. Aber sie nährt nicht frisch. Ist wie eine Konserve.
  • Die Antwort von wem anderem füllt das Glas. Das befriedigt schon gut. Nicht, weil man Antwort bekommen hätte, nein, was zählt ist, dass die Antwort dir die Berechtigung deiner Frage bestätigt. Die Antwort belegt, dass du nicht spinnst und es für deine mühsame Frage halt der raffinierten Antworten / Wissen / Konzepte / Betrachtungen bedarf - und bloss nicht jedweder bereits an der Stelle ist, nach so etwas zu fragen, als würden sich die meisten keine Gedanken machen.
  • Aber das Beste, was dir passieren kann, ist, wenn dir jemand Antworten oder Gegen- bzw. neue Fragen liefert bzw. stellt, die das Glas verunmöglichen, ja es implodieren oder explodieren lassen, die eine andere Form verlangen, ein anderes Gefäss, eine andere Menge für die Aufnahme von etwas, etc. … erst bei diesen Antworten fängst du als Mensch an, Neuland deiner Persönlichkeit zu schöpfen, zu explorieren - und dich weiter zu entwickeln. 
Was ich abschliessend nochmals bewusst machen möchte: Es ist noch nicht wichtig, ob jemand Antworten hat. Wichtig ist, dass jemand die Frage richtig annehmen und in sein Suchen, Versuchen und Denken reinnehmen kann. Das ist ein erster, aber vielleicht der wichtigste Schritt. Noch keine Antwort - nur verstanden gehört werden, nur angenommen gehört werden, nur möglich denkbar gehört werden. 

Und allein DAS zu können, jemandes Frage hören und annehmen und als Frage erst verstehen, das ist mE eine Kunst - eine der grössten!

Wer vermag dich zu hören, so dass deine Frage deine Frage bleibt?

Herzlich

Jona Jakob

consensus-coaching.com
Zürich Bern Frankfurt


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